Dokumentation:

Abschiebeknast Glasmoor: Kontrolle, Isolation, Repression

(...) Wir nehmen einen im August stattfindenden Strafprozeß vor dem Amtsgericht Norderstedt, der im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung um Glasmoor steht, zum Anlaß, die derzeitige Situation darzustellen.

Nach monatelangen Protesten von innen und außen sind in den letzten Monaten die Haftbedingungen punktuell "humanisiert" worden, um den in Glasmoor praktizierten Vollzug in der Öffentlichkeit als menschlicher und weniger skandalös darstellen zu können. Diese Maßnahmen (...) mögen zwar den Haftalltag ein wenig erträglicher gestalten, gehen aber an den Forderungen der Inhaftierten nach sofortiger Freilassung völlig vorbei.

Die Gefangenen in Glasmoor sind nach wie vor von der Außenwelt nahezu abgeschnitten. Zwar darf das DRK seit Anfang Mai dieses Jahres wöchentlich einen Gesprächstermin in Glasmoor anbieten, und auch einer kirchlichen Gruppe wurde eine regelmäßige Besuchserlaubnis in Aussicht gestellt. Dies ist allerdings nur möglich, wenn die besuchenden Personen sich vorher schriftlich zur Verschwiegenheit über Knastinterna verpflichten. Während das DRK hiermit keine Probleme hatte, weigerte sich die Kirchengruppe bisher, an diesem Punkt den Anforderungen der Justizbehörde zu entsprechen. Klar ist, daß von staatlicher Seite nur diejenigen Gruppen Zugang erhalten sollen, die sich den herrschenden Bedingungen unterordnen und so den reibungslosen Ablauf der Abschiebepraxis gewährleisten. Versuche der Gefangenen, außerhalb dieser begrenzten Möglichkeiten mit UnterstützerInnen in Kontakt zu treten und Widerstand zu organisieren, werden um so massiver mit Sonderbehandlung von Seiten der Knastleitung beantwortet. Wer bei den kontinuierlich seit November 1994 stattfindenden Sonntagsspaziergängen von antirassistischen Gruppen durch Nennung seines Namens erreichen will, beim nächsten Besuchstermin Kontakt und damit zum Beispiel auch anwaltliche und politische Unterstützung zu bekommen, muß damit rechnen, mit Telefonier- und Duschverbot oder ähnlichen Schikanen belegt oder ins Untersuchungsgefängnis Holstenglacis verlegt zu werden. (...) Mit diesen Methoden will die Justizbehörde bzw. die Knastleitung eine möglichst weitreichende Kontaktsperre erreichen, um weitestgehend unter Ausschluß der Öffentlichkeit agieren zu können. In diesem Zusammenhang wurde auch seitens der Justizbehörde in Form eines zweiten Nato-Draht-Zauns, der den Außenzaun des Containerareals abschirmt (ein Zaun um den Zaun!) auf die Solidarisierung mit den Abschiebehäftlingen reagiert. Offensichtlich genervt von den seit November sonntäglich stattfindenden Knastkundgebungen, soll so mit einfacheren Mitteln statt ständiger Bullenpräsenz die Distanz zum Knast gewahrt werden. Nach den Worten von Anstaltsleiter Joachim Buck soll der "Schutz von außen" die "ewige Polizeipräsenz" ersetzen und ein "Vordringen" der zahlreichen Leute, die seit November Besuche machen, verhindert werden. Von Beginn an wurde auch versucht, durch Besuchsverbote gegen Mitglieder der BesucherInnen-Gruppe mit der Begründung "Teilnahme an einer verbotenen Demonstration" - gemeint sind die Sonntagsspaziergänge - vorzugehen. Auch auf diese Weise sollen Kontakte zu den Gefangenen unterbunden werden. Nachdem bereits im Dezember 1994 seinerzeit erlassene Verbote gerichtlich aufgehoben wurden, erhielten im April 1995 erneut sechs BesucherInnen Anstaltsverbot. Einstweilige Verfügungen wurden diesmal jedoch vom zuständigen Gericht abgelehnt.

Es wird aber auch mit schärferen Methoden gegen Menschen vorgegangen, die sich gegen den Knast engagieren. (...) Wegen der Sonntagsspaziergänge sind gegen etliche TeilnehmerInnen Verfahren wegen Hausfriedensbruches anhängig. Aktuell ist nun im Zusammenhang mit der Sylvesterdemo unter dem Motto "Knallen gegen Knäste", in deren Verlauf es zu Auseinandersetzungen mit den Bullen kam, auch Anklage gegen einen Norderstedter erhoben worden, nachdem laut Polizeiangaben seinerzeit vier Ermittlungsverfahren eingeleitet worden waren. Nachdem sich das Ermittlungsverfahren zunächst auf Landfriedensbruch und gefährliche Körperverletzung bezog, ist die Anklage noch um den Straftatbestand des schweren Landfriedensbruches erweitert worden. Das bedeutet im Falle einer Verurteilung ein Strafmaß von mindestens sechs Monaten.

Damit soll in der Öffentlichkeit ein Exempel statuiert werden, um von staatlicher Seite aus allen Menschen deutlich zu machen, daß Widerstand gegen die rassistische Gesellschaftsordnung rigoros kriminalisiert wird. Im August wird der Prozeß vor dem Norderstedter Amtsgericht stattfinden.

Schluß mit der Kriminalisierung des antifaschistischen und antirassistischen Widerstands!

Einstellung aller Verfahren in diesem Zusammenhang!

Weg mit allen Abschiebeknästen!

Infogruppe Norderstedt (aus Gegenwind 84)