In der letzten Ausgabe hatten wir über die Tötung eines Kurden in Neumünster berichtet. Er war Aktivist in der kurdischen Solidaritätsbewegung. Inzwischen ist in Paderborn ein weiterer Kurde von Türken erschossen worden. Alle Hintergründe sind noch dunkel. Sicher aber ist mittlerweile, daß der Todesschütze in Neumünster Mitglied der türkischen faschistischen Gruppe „Graue Wölfe“ war. Sicher ist auch, daß verschiedene türkische Gruppen in Neumünster vor und nach der Erschießung bereits Jagden auf Kurden veranstalteten und Gewalttaten rechtfertigten. Dies konnte die neumünstersche Polizei mitbekommen, z.B. im Vorfeld des großen Trauermarsches vom 9.9., als immer wieder bewaffnete „Graue Wölfe“ sich in Polizeisichtweite vor dem Zelt kurdischer Aktivisten aufbauten. Auch bei Besprechungen mit der Polizei sollen konkrete Drohungen, auf Video dokumentiert, gefallen sein.

Warum handelt die Polizei nicht gegen diese zunehmende Gewaltbereitschaft, warum wurde stattdessen tagelang in der Presse das Bild verbreitet, es habe sich lediglich um eine Selbstverteidigungshandlung gegen aggressive Kurden gehandelt? Als auch in der Öffentlichkeit ruchbar wurde, daß alles sich doch anders verhalten hat, und im Zuge von Polizeiermittlungen, die nun auch Zeugenaussagen vorzufinden droht, daß es sich um einen gezielten Überfall türkischer Faschisten auf kurdische Aktive handelte, verschwand das Thema aus den Medien.

Jetzt ist es ganz wichtig, Aufklärung zu fordern. Die Gefahr ist sehr groß, daß ein undeutliches Verschwinden der Sache geradezu als Anreiz wirkt, daß sich die vom Bundesinnenminister geforderte Zusammenarbeit „mit türkischen Mitbürgern gegen die PKK“ dann real, brutal entwickelt. Das Kalkül der staatlichen Verfolgungsbehörden, deren rabiate Unterdrückung gegen alles kurdisch Bewegte kaum noch zu überbieten ist, ist offenbar tatsächlich auch zu dieser Grausamkeit in der Lage. Dagegen hilft nur Aufklärung. Was ist da wirklich vorgefallen, gibt es türkische Tötungskommandos, ist die deutsche Polizei willens und in der Lage, diesen Eskalationen Einhalt zu gebieten? Da wird wohl ein größeres Thema entstehen, mit Handlungsbedarf bis hin zu Untersuchungsausschüssen u.ä. (uga)