Kommentar :

Solingen-Urteil

Das letze Wort ist noch nicht gesprochen. Die Verteidigung legt Revision ein. Das Gefasel von einem Fehlurteil kann angesichts des Tatbestandes nur mit einem Kopfschütteln zur Kenntnis genommen werden. Es wirkt wie die Gründung einer Dolchstoßlegende.

Vier junge Männer ermorden im Wege der Brandstiftung fünf Mädchen und Frauen und gefährden das Leben weiterer 14 Menschen. Es werden Höchststrafen ausgesprochen. Soweit nichts besonderes. Besonders ist die Urteilbegründung, die wiederholt auf das fremdenfeindliche Motiv der Jungen hinweist. Man ist sich einig, daß „die deutsche Justiz zur Zeit ein stabiles und zuverlässiges Instrument zur Bekämpfung des Rassismus ist“. Das Urteil hat eine deutlich abschreckende Wirkung. Und die Lehre, die Rechtsradikale daraus ziehen werden, ist: sich nicht erwischen lassen, Aktionen besser planen und durchorganisieren. Die Verurteilten hatten mit laxeren Strafen gerechnet, allenfalls des Todschlags fühlen sie sich schuldig. Daß die politische, antirassistische Komponente im Urteilsspruch ihre Wirkung verfehlt, zeigten die Verurteilten noch beim Verlassen des Gerichtssaals. Einer hebt die Hand zum „Kühnen-Gruß“. Doch keinem Richter fällt ein, den rechts-terroristischen Hintergrund der vier Mörder zu hinterfragen. Statt Anwendung des § 129a, der ja auf anderem Gebiet derzeit sonst nicht zimperlich angewandt wird, werden Alkoholeinwirkung und Unreife als Haftminderung ins Feld geführt.

Leider sind Ermittlungspannen passiert, leider wird das Urteil sich der Revision stellen müssen, leider ist die Gefahr einer Dolchstoßlegende nicht gebannt. Allerdings ist zunächst ein Zeichen gegen dumme Jungs gesetzt, die im Suff fremder Leute Häuser anzünden. (kah)