Was tun? Wohin?

Landesversammlung der PDS S.-H. berät „Politische Aufgaben“

Am 12.11. fand in der Kieler „Pumpe“ eine Landesversammlung der PDS S.-H. statt, die erneut über die grundsätzlichen Ziele der PDS diskutierte. Seit der 1. Tagung des 4. Parteitags der PDS im Januar, auf der die „10 Thesen“ des Parteivorstands gründlich durchfielen, die „5 Standpunkte zum weiteren Weg der PDS“ aber nach Änderungen angenommen wurden, brodelt die Diskussion um den zukünftigen Kurs der Partei auch im schleswig-holsteinischen Landesverband.

Mindestens zwei Richtungen oder „Fraktionen“ lassen sich dabei im hohen Norden ausmachen. Eine Minderheit ist mehr oder weniger auf der Linie des Bundesvorstands, die Kritik an den Papieren, die vom Vorstand kommen, wie jüngst das Papier „Politische Aufgaben der PDS bis 1998“ (wir berichteten in der letzten Ausgabe), beschränkt sich auf wenige Punkte. Diese „Fraktion“ verfolgt das Ziel einer Öffnung der Politik der PDS hin zu linken SozialdemokratInnen und Grünen und sieht darin die einzige Möglichkeit, ein breiteres linkes Reformbündnis zu schaffen.

Die zweite „Hauptfraktion“ innerhalb der PDS S.-H. ist da skeptischer. Sie sieht insbesondere in dem sich von Papier zu Papier des Bundesvorstands mehr und mehr aufweichenden Oppositionsverständnis eine große Gefahr, daß sich die PDS zu einer zweiten Sozialdemokratie entwickelt. Bildhaft werde dies an dem Wahlslogan der PDS zum „Superwahljahr 1994“ deutlich: „Veränderung beginnt mit Opposition“. Während die VertreterInnen der um das Oppositionsverständnis Besorgten darauf bestehen, daß „Opposition“ das entscheidende Wort dieses Slogans sei, gab das als Gast anwesende Mitglied des Bundesvorstands, Lutz Scherling (PDS Mecklenburg-Vorpommern), unfreiwillig einen Beleg für das Mißverständnis, indem er in einem Statement das Wort „beginnt“ ostentativ betonte.

Deutlich wurde bei der Versammlung wieder einmal, daß die Einschätzungen, ob und wie sich die PDS im Parlamentarismus einbringt, immer noch eine frapante Ost-West-Spaltung aufweisen. In den neuen Bundesländern sind (insbesondere nach dem Berliner Wahlergebnis) die Optionen der PDS zur Tolerierung von oder Beteiligung an Regierungen auf Landes- oder kommunaler Ebene greifbar real. Im Westen wird mensch auf absehbare Zeit weiter mit Ergebnissen im unteren Prozentbereich leben müssen. Entsprechend entwickelt sich die Forderung nach fundamentaler Opposition und die Stützung vorrangig auf außerparlamentarische Kräfte im Westen lautstärker.

So gab es auf der Landesversammlung einen Antrag, sich mit dem als irrelevant eingeschätzten Papier zu den „Politischen Aufgaben“ nicht weiter zu befassen und stattdessen die sozialistischen Zielvorstellungen eigenständig zu entwickeln. Dieser Antrag scheiterte nur knapp, so daß weiter über den Inhalt des besagten Papiers diskutiert wurde. Im Hinblick auf die 2. Tagung des 4. Parteitages im Januar 1996 will die PDS S.-H. nun konkrete Änderungsvorschläge für das Papier „Politische Aufgaben“ erarbeiten, worüber nach Beratung an der Basis auf einer weiteren Landesversammlung Anfang des neuen Jahres beschlossen wird.

Bemängelt wurde, daß die PDS S.-H. trotz zunehmend fundierter theoretischer Diskussion immer noch nicht praktisch-politisch handlungsfähig sei. Mit der Verabschiedung einer Resolution zur Novellierung des Ladenschlusses (dokumentiert in dieser Ausgabe der Lokalberichte), erarbeitet von der nunmehr recht agil tätigen AG Betrieb & Gewerkschaft, wurde versucht, einen Schritt in Richtung praktisches Eingreifen zu tun. Aus der Resolution wird ein Flugblatt entwickelt werden, auf dessen Grundlage konkret in die laufende Auseinandersetzung eingegriffen werden soll, mit Infoständen und Aktionen. (jm)