Pressemitteilung:

Bundeswehr hebt nach strafrechtlicher Verurteilung Dienstverbot gegen Totalen Kriegsdienstverweigerer auf

Neumünster/Husum/Seeth/Vietmannsdorf/Braunschweig, 26.11.1995. Die Bundeswehr in Neumünster hat das Dienstverbot gegen den Totalen Kriegsdienstverweigerer Steffen Loecke (21) aus Vietmannsdorf aufgehoben, nachdem dieser am 15.11.1995 vom Amtsgericht Husum wegen „Fahnenflucht“ zu einer dreimonatigen Bewährungsstrafe verurteilt worden war. Der Verweigerer soll nun am 30.11. um 12 Uhr in Neumünster erneut den Wehrdienst antreten.

Loecke, der sowohl den Wehr- als auch den Zivildienst wegen dessen kriegslegitimierender Funktion innerhalb der Wehrpflicht ablehnt, war zum 3.4.1995 zur Bundeswehr nach Seeth einberufen worden, stellte sich aber erst gut einen Monat später, um einer Festnahme durch die Feldjäger zuvorzukommen. Die Bundeswehr reagierte mit der 42-tägigen Arrestierung des Totalen Kriegsdienstverweigerers in einer etwa 8 qm kleinen Arrestzelle.

Im Anschluß erteilte die Bundeswehr durch Bataillonskommandeur Oberstleutnant Salomon am 19.6.1995 Loecke ein „Dienstverbot“, mit dem dem Totalverweigerer eben das untersagt wurde, was er bisher beständig verweigert hatte und weshalb Disziplinararreste verhängt worden waren: die Ausübung des Dienstes und das Tragen der Uniform. Begründet worden war das Verbot mit der Einschätzung, Loecke gefährde aufgrund seiner „Totalverweigerung und der damit verbundenen Weigerung, jegliche Befehle zu befolgen, die Disziplin und Ordnung“ der Kompanie.

Noch drei Tage zuvor hatte Salomon erklärt, der Totalverweigerer vermittele „den Eindruck, daß er konsequent sein persönlich gesetztes Ziel, nicht zu dienen, weiter verfolgt.“ Entsprechend hatte die Bundeswehr in Neumünster nach Angaben Salomons zwischenzeitlich auch die Entlassung Loeckes aus der Bundeswehr beantragt. Nachdem das Amtsgericht Husum am 15.11. jedoch mit einer Strafe von drei Monaten auf Bewährung weit unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft (8 Monate ohne Bewährung) geblieben war, hat das Bundesministerium der Verteidigung die Entlassung Loeckes gestoppt und die Aufhebung des Dienstverbotes angewiesen. Die Staatsanwaltschaft ihrerseits hat Rechtsmittel gegen das Urteil eingelegt.

„Mit diesem Schachzug soll offensichtlich eine erneute ’Strafttat‘ Loeckes provoziert werden, um so eine weitere strafrechtliche Verfolgung einzuleiten und insgesamt eine höhere Strafe zu erzielen“, so Detlev Beutner von der Totalverweigerer-Initiative Braunschweig, die Loecke schon während des Arrestes im Mai betreut und nun vor dem Amtsgericht Husum verteidigt hatte. Doch dies widerspreche dem Verbot der Doppelbestrafung aus Art. 103 des Grundgesetzes. Da Bataillonskommandeur Salomon bereits angekündigt hat, daß bei einem Nichterscheinen Loeckes am 30.11.95 die Feldjäger eingesetzt werden sollen, versuche, so Beutner weiter, „die Bundeswehr hier offensichtlich, selbst die gewünschten Strafen per Arrest zu vollstrecken, die die Strafgerichte schon lange nicht mehr aussprechen.“

Proteste an:
Bataillonskommandeur Salomon, Scholtz-Kaserne, Haart 148, 24539 Neumünster, Tel.: 0461/89306