DVU

Staatsanwälte und Kripo ermitteln gegen DVU-Fraktion in Kiel wegen Veruntreuung von Zuschüssen

„Der Feind steht rechts“

Gegen die DVU-Fraktion im schleswig-holsteinischen Landtag hat die Kieler Staatsanwaltschaft am Mittwoch, dem 15.11.1995 ermittelt. Eingesetzt waren neben vier Staatsanwältinnen und Staatsanwälten auch vier Beamte des Landeskriminalamtes. Sichergestellt wurden schriftliche Unterlagen, die als Beweismittel für das Ermittlungsverfahren in Betracht kommen. Die Ermittlungen dauern an.

Die Ermittlungen erbrachten dann weitere Beweise, die den Erlaß von Durchsuchungsbeschlüssen rechtfertigten. Gleichzeitig gab die SPD-Fraktion im schleswig-holsteinischen Landtag eine Broschüre mit dem Titel „Der Feind steht rechts“ heraus, die sich mit den ideologischen und politischen Machenschaften der rechtsextremen Abgeordneten auseinandersetzt.

Als Kennzeichen der Parlamentsarbeit der DVU-Fraktion wird darin hervorgehoben:
- Verweigerung der Ausschußarbeit,
- Verweigerung der fachlichen Beratungen und Anhörungen,
- dummdreiste und provozierende Schaufensterrederei im Plenum,
- ausländerfeindliche und antiparlamentarische Antragsflut,
- maßlose finanzielle Selbstbedienung mit starken Unregelmäßigkeiten sowie schließlich
- dauerhafte innere Querelen.

Schon ein Jahr nach der Landtagswahl platzte die DVU-Fraktion, Stawitz und weitere Abgeordnete verließen die Partei und deren Fraktion nach schweren Konflikten mit Bundeschef Frey, der seiner Ex-Marionette Verrat, Neonazismus und Bereicherung vorwarf.

Der Versuch, mit der „Deutschen Liga für Volk und Heimat“ (DLVH) eine neue rechtsextreme Scheinfraktion zu bilden, scheiterte, da der Abgeordnete Friese austrat. Zur Landtagswahl wollen die Rechten wieder kandidieren, ein Teil von ihnen auf der Liste der DLVH, die anderen für die DVU, die angeblich mit einem Wahlkampfetat von 6 Mio. DM startet. Übersichtlich faßt die Broschüre Anträge aus der Parlamentsarbeit der Rechtsextremen zusammen. Sie wollten u.a.

- die Landeszuschüsse zum Erhalt der KZ-Gedenkstätte Auschwitz streichen,
- die Schulbücher von „antideutschem Schmutz und Schund reinigen“, Deutschland „von der Kriegsschuld entlasten“
- ein „Sprachschutzgesetz“ und eine „Straßenbenutzungsgebühr für Ausländer“ einführen sowie einen
- „Sondermeldedienst für Deutschfeinde“ einführen.

Unentwegt würden die Rechtsextremen im Parlament gegen Ausländer, Fremde, Juden und Drogenkranke hetzen:
„Es geht ihnen um ein „sauberes“ Deutschland, um einen gewalttätigen Staat, um Rassenpflege und deutsche Volksgemeinschaft, um Ausgrenzung und nationale Größe. Hier sollen wieder Ängste geschürt und Haß gesät werden. Der Kieler Historiker Michael Salewski hat 1992 bemerkt, daß ihn die Arbeitsweise der DVU-Abgeordneten in fataler Weise an jene der Nationalsozialisten im Berliner Reichstag erinnerte.“

Mitglieder der Fraktion wurden  allesamt zu Funktionsträgern ernannt, um bis zu 125% zusätzliche Diäten einzustreichen: „Einen einfachen Abgeordneten ohne Zulagen gab es nicht.“ Der angestellte Fraktionsgeschäftsführer aus der DVU-Zentrale bezog ein aus Steuermitteln finanziertes Gehalt, das mit 13.630 DM über dem eines Staatssekretärs lag. Hier im einzelnen die besonderen Funktionszulagen (zusätzlich zur Grunddiät von 6680,00 DM) für die Mitglieder der DVU-Fraktion, Stand 10.12.1992:

Abg. Stawitz,  Fraktionsvorsitzender:    + 7.955 DM
Abg. Friese,  stellv. Fraktionsvorsitzender + 1.908 DM
Abg. Schachtmeister,
 stellv. Fraktionsvorsitzender + 1.908 DM
Abg. Köhler,   stellv. Fraktionsvorsitzender + 1.908 DM
Abg. Thienemann,
 Parlamentarischer Geschäftsführer + 4.770 DM
Abgeordnete Voss, Arbeitskreisvorsitzende  + 1.272 DM

In einem wahren Kaufrausch hätten die sechs rechten Abgeordneten aus ihren Fraktionsmitteln von 1,13 Mio. DM Mobiltelefone, Kopierer, ein Dutzend Faxgeräte, 26 Flaggen, eine Videokamera u.a. angeschafft, überwiesen hätten sie 182.000 DM für Anzeigenschaltungen in Frey-Zeitungen und 100.000 DM für Werbetätigkeiten der DVU-Zentrale in München. Nach der Auflösung dieser Geldwäscherfraktion seien die Abgeordneten zur DLVH übergetreten.

Abschließend stellt die SPD-Fraktion fest: „Trotz scheinheiliger Distanzierung erkennen wir: Diese Leute sind geistige Wegbereiter der Brandanschläge von Mölln und Lübeck“ und „Rechtsextreme Parlamentarier sind ein Symbol der Gefahr, die vom Rechtsextremismus ausgeht. Diese Gefahr ist aktuell und vielschichtig Nationalismus, Antisemitismus und Rassismus sind in unserer Gesellschaft latent vorhanden und können immer wieder in Gewalttaten und Anschläge auf Minderheiten münden.“