Kommentar:

Apprendez francais!

Es ist kaum noch zu übersehen: Die deutsche Wirtschaft befindet sich auf rasanter Talfahrt – und mit ihr die anderen großen Ökonomien. Seit den 30er Jahren habe es nicht mehr einen derartigen Gleichkang in der Weltwirtschaft gegeben, meinen Fachleute. Als erste bekommen es die Lohnabhängigen zu spüren: Die Arbeitslosigkeit nimmt zu. Wieder, möchte man sagen, aber das stimmt nicht. Erstmalig in der Geschichte der Bundesrepublik war die Zahl der Erwerbslosen in der zurückliegenden Aufschwungphase nicht zurückgegangen. Die erneute Zunahme erwischt uns also auf einem hohen Niveau. Rund 3,6 Mio. Menschen waren im November als arbeitssuchend registriert.

In der Vergangenheit hieß eine der systemimmanenten Antworten auf derlei tiefgreifende Krisen Staatsverschuldung. Die öffentliche Hand sollte durch Kreditaufnahme und Investitionen in Infrastruktur, Bildung etc. Beschäftigung und Nachfrage wieder auf die Beine helfen. Doch das verbietet sich in diesem Fall, denn die Kassen der großen Industrienationen sind leer. Überall hat man Rekordschulden in den Büchern stehen und so ist – will man nicht an die Gewinne der Konzerne und Banken gehen – Sparpolitik angesagt. Allenthalben werden Sozialprogramme zusammengestrichen und das Familiensilber verscherbelt. Privatisierung heißt das neoliberale Zauberwort, welches das Leben von der Substanz umschreibt. Daß diese Politik auch erhebliche Gefahren der Krisenverschärfung in sich birgt, übersehen die Rotstiftakteure dabei geflissentlich.

In Frankreich sind die Opfer dieser Politik aufgewacht. Studenten haben keine Lust mehr, in überfüllten Hörsälen für die Arbeitslosigkeit zu studieren, die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes wollen die Regierung nicht an ihrer Altersversorgung rumstreichen lassen. Ihnen gehört unsere Solidarität – schon im eigenen Interesse, denn die sozialen Folgen der neoliberalen Politik werden sich EU-weit kaum noch im nationalen Alleingang abwehren lassen. Lernen wir Französisch!

(wop)