Zoff bei den Grünen um Truppenentsendung

Am 6.12. hat der Bundestag gegen die Stimmen der PDS, einiger Sozialdemokraten und 22 Abgeordneter der Grünen die Entsendung deutscher Truppen auf den Balkan beschlossen. Überflüssig zu erwähnen, daß auch der Kieler SPD-MdB Norbert Gansel dafür stimmte. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bot ein besonders interessantes Schauspiel. Genau 22 Abgeordnete folgten dem Fraktionschef Fischer und stimmten mit Ja. Einige enthielten sich (offensichtlich nach Absprache), so daß sich Befürworter und Gegner exakt die Waage hielten. Eine gezielte Provokation des Bremer Parteitags, der am Wochenende zuvor stattfand.

Entsprechend stieß Fischers Inszenierung auf innerparteilichen Protest. 35 Mitglieder verschiedener Landesvorstände veröffentlichten ihren Widerspruch, den wir hier wiedergeben:

„Bei der gestrigen Abstimmung im Bundestag ging es nicht um den Friedensvertrag von Dayton oder die Verhinderung von Völkermord. Es ging ausschließlich um die Bereitstellung von Kampfverbänden der Bundeswehr für den größten Einsatz in der Geschichte der NATO. Mit der Abstimmung im Bundestag fand zugleich eine Entscheidung über die künftige Außenpolitik der Bundesrepublik statt.

Die Bundesregierung begreift diese Entscheidung bewußt als Präzedenzfall. Sie und der Bundestag setzen mit ihrem Beschluß auf eine Schwächung statt einer Stärkung von UNO und OSZE. Bis heute wurde darauf verzichtet nicht-militärische Peacekeeping-Verbände aufzustellen, statt dessen wurden der NATO nur Einheiten der Krisenreaktionskräfte angeboten.

Wir nehmen mit Bedauern und Enttäuschung zur Kenntnis, daß die Bundestagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sich nicht in der Lage gesehen hat, der Bitte einer deutlichen Mehrheit der bündnisgrünen Bundesdelegiertenkonferenz nachzukommen, die Position des Bremer Parteitages „Nein zur Politik von Kohl, Kinkel und Rühe“ als Fraktion im Bundestag deutlich zu machen.

Die Entscheidung einer großen Zahl von bündnisgrünen Bundestagsabgeordneten, dem Antrag der Bundesregierung zuzustimmen, empfinden wir als Provokation gegen zwei Grundwerte der Partei: die innerparteiliche Demokratie und die Gewaltfreiheit. Trotz der breiten Brücke, die die Bundesdelegiertenkonferenz den Abgeordneten in ihrer schwierigen Konfliktsituation gebaut hat, hat sich eine große Zahl der Abgeordneten jedem Kompromiß verweigert.“

Aus Schleswig-Holstein haben unterzeichnet: Susanne Böhnert-Tank, Klaus Müller, Klaus Siebert, Monika Jacobs-Schilling, Marie Nennecke und Irene Fröhlich. (wop)