Dokumentiert:

Erklärung aus Anlaß der Demonstration vom 16.12.95 „Radikal ins nächste Jahrtausend“

1. Es gehört zum Selbstverständnis von demokratischen Sozialisten, die demokratischen Rechte, die Grund- und Menschenrechte aktiv zu verteidigen und sich vor diejenigen zu stellen, denen sie verwehrt werden oder die wegen ihrer Wahrnehmung verfolgt und mit Repressionen belegt werden. Die Geschichte der Linken verpflichtet uns dazu, die demokratischen Rechte aller Demokraten zu verteidigen.

2. Für die Demokratie lebensnotwendig sind das Recht auf freie Meinungsäußerung und das Demonstrationsrecht. Seit längerem wird es durch Ermittlungsverfahren nach § 129 und 129a einzuschränken versucht. Immer wieder werden Menschen, die angeblich für die Zeitschrift „radikal“ arbeiten, strafrechtlich verfolgt. Seit dem 13.6.95 ist durch bundesweite Durchsuchungen und Verhaftungen eine neue Welle von Repression zu verzeichnen.

3. In Großstädten der BRD ist es üblich geworden, das Demonstrationsrecht zwar formal zu gewähren, aber durch Polizeikessel und massiven Polizeieinsatz – zeitweilig kommt auf je einen Demonstranten ein Polizist – unwirksam zu machen. Eine in bestimten Teilen der Presse erzeugte Angst schafft ein Klima der Verunsicherung und der Hexenjagd.

4. Die Demonstration in Hamburg, organisiert von einem Bündnis verschiedenster Gruppen und Organsisationen und unterstützt von der PDS/Linke Liste Hamburg sowie von GAL-Abgeordneten, wandte sich gegen die massiven Grundrechtseinschränkungen. Die rund 4.700 Demonstranten wurden begleitet von 4.029 Polizisten, darunter 2.000 aus anderen Bundesländern. Entgegen dem Rat der Hamburger Polizeiführung setzte sich der Innensenator durch, wegen des Weihnachtskommerzes in der Innenstadt mit massivem Polizeieinsatz eine Demonstrationsroute fernab der City durchzudrücken und diese demonstrationsfrei zu halten. Deeskalation wurde unterbunden. Repressionsmacht sollte demonstriert werden.

5. Die PDS/Linke Liste fordert die Öffentlichkeit auf, die Behinderung des grundgesetzlich garantierten Demonstrationsrechtes durch den Hamburger Senat zurückzuweisen. Sie verwahrt sich dagegen, daß einzelne Demonstranten, die sich für die demokratischen Rechte einsetzen, von der Springer-Presse herausgegriffen und einer Hexenjagd ausgesetzt werden.

6. Die Verantwortung für das geschaffene Klima und die provozierten Auseinandersetzungen tragen die politisch Verantwortlichen für die massive Polizeipräsenz und die Absperrung der Innenstadt. Allen voran der Innensenator Wrocklage.

7. Demokratische Rechte sind unteilbar und stehen auch denen zu, die ihre Meinung radikal vertreten und eigenen Widerstand entwickeln. Dafür wird die PDS/Linke Liste Hamburg auch in Zukunft stehen.

Geschäftsführender Vorstand der PDS/Linke Liste Hamburg: Horst Bethge, Landessprecher; Kirsten Radüge, Landessprecherin; Andreas Grünwald, Landesgeschäftsführer; Susanne Beyer, Landesschatzmeisterin – Hamburg, 23. Dezember 1995.