Freisetzung genmanipulierter Pflanzen in Schleswig-Holstein geplant

SPD sieht Sicherheitsrisiken

Gegen die Freisetzung genmanipulierter Pflanzen sprach sich am 11.1. der Landesvorstand der SPD Schleswig-Holstein aus. Anlaß war die Antwort der Landesregierung auf eine Große Anfrage der SPD-Fraktion zum Thema „Gentechnik in der Landwirtschaft in Schleswig-Holstein”.

An der Kieler Universität, der Medizinischen Universität in Lübeck und an anderen Einrichtungen werden demnach bereits gentechnische Versuche an Nutzpflanzen und Tieren durchgeführt. Unter anderem werden Zuckerrüben, Raps, Kartoffeln, Äpfel, Spinat und Erbsen gentechnisch manipuliert. Schwerpunkte der Forschung an Pflanzen liegen bei der Resistenz gegen Herbizide, Pilze und Nematoden (Fadenwürmer) sowie in der Allergieforschung. Gentechnische Versuche werden unter anderem bei Schweinen, Rindern, Mäusen und Ratten durchgeführt. Die Forschung an transgenen Tieren dient der Verbesserung von Krankheitsresistenz, der Produktqualität, der Fruchtbarkeit und des Wachstums. Der Einsatz von Wachstumshormonen wird von der Landesregierung jedoch abgelehnt.

Die derzeit etwa hundert Arbeiten an gentechnisch manipulierten Pflanzen und Tieren in Schleswig-Holstein fallen unter die Sicherheitsstufe eins und zwei. Der Gentechnik-Sicherheitsverordnung mißt die Landesregierung in ihrer Antwort auf die Große Anfrage allerdings keinen großen Wert bei: Besonders im Bereich der Verpflichtung von Anlagenbetreibern zur Inaktivierung von Mikroorganismen in der Sicherheitsstufe eins sei die Verordnung nicht ausreichend. Auch bei Arbeiten der Sicherheitsstufe zwei sei von einem, wenn auch geringem Risiko für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt auszugehen. Aus Vorsorgegründen sollte es nach Auffassung der Landesregierung gewährleistet sein, daß aus gentechnischen Forschungsanlagen grundsätzlich keine größeren Mengen nicht inaktivierter gentechnisch veränderter Mikroorganismen die Anlage verlassen Dies müsse auch für die Sicherheitsstufe eins gelten.

Abgesehen von der Forschung würden gentechnisch veränderte Nutzpflanzen und Tiere in Schleswig-Holstein noch nicht zu ackerbaulichen oder Zuchtzwecken in der Landwirtschaft freigesetzt. Die Landesregierung sei jedoch über zwei geplante Freisetzungen transgener Pflanzen informiert, für die allerdings bisher keine Genehmigungsanträge zur Stellungnahme vorlägen: Zum einen handelt es sich um ein Vorhaben der Firma Hoechst Schering AgrEvo GmbH, Berlin. Die AgrEvo plant die Freisetzung von transgenen Zuckerrüben-, Mais und Rapspflanzen, die eine gentechnisch vermittelte Resistenz gegen das Totalherbizid Phosphinothricin (Handelsname: Basta) tragen und schon an verschiedenen Standorten in der Bundesrepublik Deutschland freigesetzt wurden. Zum zweiten beabsichtigt die Bundesforschungsanstalt für Forst- und Holzwirtschaft – Institut für Forstgenetik –, Großhansdorf, die Freisetzung von transgenen Pappeln, die zwei bakterielle Markergene tragen.

Anläßlich dieser Informationen hat die schleswig-holsteinische SPD die Umweltministerin aufgefordert, alles in ihrer Macht stehende zu unternehmen, um eine Durchführung des Versuchs des Hoechst-Schering AgrEvo Konzerns zu verhindern.

Im Beschluß des SPD-Vorstands heißt es: „Bei den geplanten Versuchen sind die Risiken einer Freisetzung von genmanipulierten Pflanzen für Natur und Umwelt nicht abzusehen. Freigesetzte Organismen und manipulierte Erbinformationen sind nicht rückholbar und führen zu unbekannten ökologischen und ökonomischen Folgen. Die SPD lehnt den Einsatz von genmanipulierten Pflanzen in der Landwirtschaft auch deshalb ab, weil auf diese Weise die Abhängigkeit der Landwirtschaft von der Agrarindustrie weiter erhöht und der Trend zu Monokulturen gestärkt wird. Die Gentechnik ist der Todesstoß für die bäuerliche Landwirtschaft.”

Folgende gefahren und Risiken sieht die SPD bei einem Freisetzungsversuch, wie er in Ostholstein geplant ist:

- Veränderungen im Mikroklima und Klima,

- Störung von Abbau- und Entgiftungsprozessen in Ökosystemen und damit Anreicherung neuer Schadstoffkomponenten,

- unkontrollierte Ausbreitung von Arten mit neuen biologischen Eigenschaften, hoher Durchsetzungskraft und Überlebensrate in natürlichen Konkurrenznetzen (Verdrängungseffekt, neuartige biologische Immissionen mit negativer Wirkung),

- unkontrolliert ablaufende genetische Weiterveränderungen – nach der Freisetzung von Organismen – durch Einbau genetischer Instabilitäten mit unbekannten Auswirkungen,

- Gefahr der Verstärkung „konventioneller” Eingriffe, z.B. Mehreinsatz von Breitband-Herbiziden bei genetisch erzeugter Herbizid-Resistenz von Kulturpflanzen,

- Gefahr der explosionsartigen Ausbreitung von Schädlingsarten an genetisch monotonisierten Kulturpflanzen mit verminderter Abwehrkraft,

- Gefahr des Ausbrechens genetisch veränderter Organismen aus geschlossenen Systemen in Freilandsysteme.

Die SPD wird für Ende Januar die Initiativen gegen die Freisetzung von genmanipulierten Pflanzen zu einem Ratschlag einladen, um das weitere Vorgehen abzustimmen.

Auch Schleswig-Holsteins Landwirtschaftsminister Hans Wiesen lehnt gentechnisch manipulierte Produktion in der Landwirtschaft in Schleswig-Holstein ab. Sinngemäß sagte er, ein Vertrieb solcher Produkte stoße zu Recht auf Skepsis und Ablehnung durch die Verbraucher. Das Ansehen des auf den Vertrieb landwirtschaftlicher Produkte angewiesenen Landes Schleswig-Holstein könne durch das Bekanntwerden gentechnisch manipulierter Produktionsmethoden erheblichen Schaden nehmen. (bam)