Benjamin Ramos seit 19 Tagen im Hungerstreik!

Der katalanische Linke Benjamin Ramos befindet sich seit dem 30.12.95 im unbefristeten Hungerstreik, um sich der drohenden Auslieferung an den spanischen Staat zu widersetzen. Inzwischen hat B. Ramos über 6 kg abgenommen. Der Anstaltsarzt des Gefängnisses Berlin-Moabit, Dr. Rex, hatte bereits im Nov. 95 die Verschlechterung seines Gesundheitszustandes aufgrund der Isolationshaftbedingungen festgestellt. Diese Bedingungen wurden „gelockert“, insofern, daß B. Ramos Hofgang mit nichtdeutschen Inhaftierten gestattet wurde, die alle unterschiedlicher Nationalität sind und sich daher kaum verständigen können. Ansonsten gilt nach wie vor: 23 Stunden Einzelhaft, überwachte Besuche, Berührungsverbot bei Besuchen seiner Ehefrau, Briefkontakte nur in deutscher Sprache. Aufgrund eines erhöhten Infektionsrisikos verzichtet der an Immunschwäche leidende Gefangene seit der dritten Woche des Hungerstreiks auf den täglichen Hofgang. Der Gesundheitszustand von B. Ramos wird sich im Laufe des Hungerstreiks weiter verschlechtern und wir befürchten eine ernsthafte Gefährdung seiner Gesundheit. B. Ramos wurde am 28. Januar 1995 in Berlin verhaftet, wohin er geflüchtet war. In Spanien wird ihm vorgeworfen, das ETA-Kommando Barcelona unterstützt zu haben. Diese Aussage basiert einzig und allein auf einer unter Folter erpreßten und später widerrufenen Aussage.

Die Verteidigung von B. Ramos hat mit umfangreichen Unterlagen, u.a. Berichte von UN-Sonderberichterstattern und amnesty international, nachgewiesen, daß Folter im spanischen Staat kein Einzelfall ist, sondern systematisch gegen politische Gefangene angewandt wird.

Die Abkommen im Rahmen der EU zur Bekämpfung linken Widerstandes wiegen ganz offensichtlich schwerer als die Frage der Menschenrechte. Nur so kann die Zustimmung zur Auslieferung  durch den  zuständigen Richter Nöldeke am Kammergericht Berlin bewertet werden, obwohl die von ihm geforderten Garantien seitens des spanischen Staates nicht erbracht worden waren. Die spanische Botschaft in Bonn zitierte in einer undatierten, politischen Stellungnahme aus Berichten,  deren Veröffentlichung von der spanischen Regierung  verhindert wird. Die gesamten Behauptungen bleiben selbst für das Berliner Kammergericht nicht überprüfbar und sind somit – auch juristisch – als „Garantien“ vollkommen wertlos, da sie ebensogut das Gegenteil beweisen könnten. Es stellt sich berechtigterweise die Frage, warum die spanische Regierung die Veröffentlichung der Berichte verhindert, wenn sie denn zu ihrem Nutzen seien. Dem Kammergericht reichte diese Stellungnahme jedoch aus und es sah die für die Zustimmung zur Auslieferung geforderten Garantien damit als gegeben. Unabhängig von diesen bürokratischen Formalitäten betrachten wir es als erwiesen, daß im spanischen Staat systematisch gefoltert wird und daß auch B. Ramos der Folter im Falle seiner Auslieferung gefoltert würde.

Mit dem Auslieferungsverfahren gegen B. Ramos wird erneut bestätigt, daß die politische Justiz ein fester Bestandteil der Politik der EU-Staaten ist. B. Ramos war in Barcelona in der katalanischen Linken aktiv, er solidarisierte sich mit den Befreiungskämpfen der unterdrückten Völker auf spanischem Territorium und auf internationaler Ebene und soll deshalb verurteilt werden. Wie wir in der BRD anhand des § 129a beispielhaft vor Augen haben, geht es bei der Anwendung dieses Paragraphen, der in den spanischen Strafgesetzen eine Entsprechung hat, grundsätzlich nicht um den Nachweis der Teilnahme an einer strafbaren Handlung, sondern um die politische Gesinnung. Diese Gesetzgebung soll die Eliminierung jeglicher radikaler Opposition ermöglichen, wozu auch „Aussagen“ verwendet werden, die unter Folter zustandegekommen sind. Wir wenden uns entschieden gegen diese politische Gesinnungsjustiz, die, auf höchster europäischer Ebene beschlossen, in dem Auslieferungsverfahren gegen B. Ramos ihren Ausdruck findet und unterstützen B. Ramos und dessen Forderungen bei der Verteidigung seines Lebens durch den Hungerstreik.

(Bremen, den 17.1.96, Presseerklärung Internationalistische Studenten Bremen)