Kommentar:

Schad‘ nix, nützt nix.

Es war ein ruhiger Parteitag. Die PDS spulte ihr Programm diesmal ohne große Aufgeregtheiten rauf und runter. Die alte Leier: soziale Grundsicherung gegen Armut, Kommunen stärken für mehr Politik von unten &c. pp. Die Basis schien mit dem ungeliebten Parteivorstand auch wieder weitgehend im Reinen. Das Strategiepapier „Politische Aufgaben der PDS 1996-1998“ wurde mit nur etwas mehr als einem Dutzend Gegenstimmen (hauptsächlich aus der Kommunistischen Plattform, aber auch die Delegierten aus S.-H. stimmten dagegen) angenommen. Erstaunlich, denn im Vorfeld wurde auch diesmal wieder heiß diskutiert. Vor allem gegen Papiere des Parteivorstandes herrscht an der PDS-Basis ein (gesundes) Mißtrauen. Nicht erstaunlich! Enthielt das Papier anfangs noch recht eindeutige Bekenntnisse zu Gysis revisionistischem „Neuen Gesellschaftsvertrag“ und zum Wunsch nach Koalitionen mit oder Tolerierung von rosa-grünen Regierungen, war es nach erneutem Durchlauf durch die Basis derart nichtssagend geworden, daß mensch ihm wohl zustimmen konnte, frei nach dem Motto: „Schad‘ nix, nützt nix“.

Die Liebedienerei an das vermeintlich noch linke Projekt Rosa-Grün blieb jedoch. Chef-Ideologe André Brie ließ in einem TV-Interview am Rande des Parteitags verlauten, ohne Zusammenarbeit mit der SPD sei Veränderung in diesem Lande nicht zu machen, die Mehrzahl der GenossInnen hätte das nur noch nicht kapiert. Und auch die Medien hielten sich mit dem Geschwätz von Stasi-Bütteln und „SED-Nachfolgepartei“ diesmal zurück. Die PDS auf dem Wege zur Etablierung?

Freilich, allzu einfach sollte mensch es sich nicht machen, die für die PDS spätestens nach dem Wechsel an der SPD-Spitze virulente Frage nach Übernahme von politischer Verantwortung vom Tisch zu wischen. Zwar zeigt das Beispiel der Grünen nicht gerade, daß der berühmte „Marsch durch die Institutionen“, das Konzept „Spielbein – Standbein“ zu mehr als Vereinnahmung in den Mechanismus der repressiven Toleranz führt. Doch die PDS ist nicht die Grünen. Die Grünen waren nie links, die PDS ist es eben gerade noch. Es ist nicht ausgemacht, daß die PDS, einmal beteiligt an einer Regierungsverantwortung, denselben Weg nehmen wird. Die Gefahr allerdings ist ebenfalls nicht zu unterschätzen.

Als einen Glücksfall kann mensch bei den Demokratischen SozialistInnen bezeichnen, daß der Parteivorstand zwar lenkt aber nicht besonders viel denkt, jedenfalls nicht besonders viel Neues. Die Impulse für das derzeit wohl einzige linke Projekt, das nicht gänzlich bedeutungslos ist, kommen, das zeigte auch dieser Parteitag, nicht aus dem Karl-Liebknecht-Haus, sondern von der AG Junge GenossInnen und der Kommunistischen Plattform. Diesen beiden Gruppierungen ist zu verdanken, daß die PDS, wenn sie denn im Klassenkampf schon nicht viel nützt, wenigstens der Linken nicht schadet. (jm)