Leere Kassen, leere Demos

Studi-Proteste gegen BaföG-Pläne bleiben lau

Noch im alten Jahr schockte der Bundesbildungsminister Rüttgers die Öffentlichkeit mit einem haarsträubenden Plan zur Novellierung des BaföGs. Eckpunkte waren: Umwandlung des zinslosen Darlehens zur Ausbildungsförderung in ein z.T. verzinzliches, das zudem privatwirtschaftlich von beauftragten Banken gewährt werden sollte, statt aus dem Staatssäckel zu fließen. Die Folgen zeigte ein einfaches Rechenexempel. Ein Studierender mit Voll-„Förderung“ würde nach dem Abschluß in Studienregelzeit (schon letzteres ist heutzutage Illusion) vor einem gegenüber dem bisherigen Stand mehr als verdoppelten Schuldenberg von ca. 72.000 DM stehen. Gegen diesen Plan wandten sich sogar zahlreiche Parteikollegen Rüttgers‘. Zwar herrscht in Wahlzeiten gegenüber derartigen unpopulären Maßnahmen meist Stillschweigen, jedoch wollten die Studis nach einem nicht stattgefundenen „heißen Herbst“ bundesweit in den Frühling durchstarten und gegen die Rüttgers-Pläne demonstrieren.

Die Ausgangslage war nicht schlecht, liegen doch Gegenkonzepte zu einer positiven, d.h. studierendenfreundlicheren BaföG-Novellierung auf dem Tisch: ein „Generationen-Modell“ der Bündnisgrünen, wonach AkademikerInnen, die BaföG genossen haben, in einen der Rentenkasse ähnlichen Fond einzahlen sollen, sowie diverse Modelle mit einer Sockelförderung (z.B. 400 DM elternunabhängig und für alle Studis) plus einem zinslosen Darlehen bis zum vom Studentenwerk statistisch erhobenen Mindestbedarf von 1.250 DM pro Monat. Offenbar sind aber die Studierenden an solchen Vorschlägen wenig interessiert. Der AStA der Uni Kiel hatte am 1.2. eine Vollversammlung anberaumt. Nun sind Vollversammlungen für den Großteil der Kieler Studierenden schon immer eher ein Anlaß gewesen, die während einer VV vorlesungsfreien Stunden in der nächsten Kneipe zu verbringen, statt auf den harten Bänken des AudiMax. Jedoch war die diesmalige VV mit 350 Studis kaum besser besucht als eine überfüllte Jura-Vorlesung. Zur anschließenden Demo halbierte sich die Zahl nochmals, nur 180 Studierende fanden den Weg auf die Straße, immerhin schon 140 mehr als bei der peinlichen Demo der LehramtsantwärterInnen am 26.1., die für mehr Referendariatsplätze und gegen den Kahlschlag in den Schulen hatten protestieren wollen.

Während der VV konnten selbst die Alternativ-Vorschläge zu Rüttgers Horrorplan kaum Beifall gewinnen. So zweifelten einige Teilnehmer den Mindestbedarf von 1.250 DM an, sie kämen auch mit weniger aus. Und auch der Sockelbetrag von 400 DM wurde angezweifelt: einfach so Geld ohne Leistungsnachweise? Da könne ja jeder kommen ... Solche Äußerungen geben zu nur einer Vermutung Anlaß: Die nun schon seit mehreren Jahren angeheizte Propaganda von der Notwendigkeit zum Sparen (bei gleichzeitig kräftiger Steigerung der Profitraten) und der „Sicherung des Standorts Deutschland“ ist bei den Studis angekommen. Die zukünftigen AkademikerInnen wollen sich, so scheint‘s, brav weiter auf ihre Führungsposten vorbereiten (die es bei ständig steigender AkademikerInnenarbeitslosigkeit kaum noch gibt) und in vorauseilendem Gehorsam den „Standort“ mit sichern. Es mag zynisch klingen, aber da kann man dann nur noch viel Spaß dabei wünschen. (jm)