Nach Oklahoma: Faschisten in den USA

Unter diesem Titel fand am 28. Februar in der Hansastraße 48 eine Informations- und Diskussionsveranstaltung von Searchlight, Antifa-Infoblatt (Berlin), Der Rechte Rand (Hannover), der Antifaschistischen NRW-Zeitung aus Wuppertal, Rabaz aus Nürnberg und der Kieler Atze statt. 50 Menschen erfuhren von Jonathan Mozzocki (Coalition for Human Dignity, Portland, Oregon) über die Bedingungen und Aktionen der Antifa-Bewegung in den USA. Co-Referent war Graeme Atkinson vom Searchlight-Magazine aus Großbritannien.

John Mozzocki berichtete über die Umstrukturierungen der faschistischen und rassistischen Organisationen in den USA. Die bekannteste rassistische Organisation der USA, der KuKluxKlan, hat im Laufe der letzten 30 Jahren stark an Einfluß verloren, heute besteht er aus 18 verschiedenen Gruppen, die einander bekämpfen. Zugleich ist eine verstärkte Zusammenarbeit mit Neonazi-Organisationen zu verzeichnen, was in der Geschichte des KKK eine Neuigkeit darstellt: Bis 1979 hat der KKK sich als amerikanisch-patriotisch dargestellt, zu dieser Zeit griff in Greensboro (North Carolina) eine Gruppe von KKK-Leuten und Neonazis erstmals gemeinsam eine antifaschistische Demonstration an und erschoß fünf Mitglieder der Communist Workers Party.


Mitte der 70er Jahre entstand eine neue rechtsradikale Bewegung, die sich „Christian Patriots“ nennt. Diese ist gegen die Bundesregierung, Einkommenssteuern, die US-Bundesbank  und die „Rassen“-Integration. Viele „christliche Patrioten“ bezeichnen die US-Regierung als „ZOG“ (Zionistische Okkupationsregierung). Für ihren Antisemitismus hatten sie sich eine Ideologie gestrickt, die besagt, Christus sei ein Weißer gewesen, Schwarze hätten keine Seele (und seien daher vogelfrei). Etwa zur gleichen Zeit entdeckten auch christliche Fundamentalisten, die Christian Coalition mit heute zwei Millionen Mitgliedern, nach eigenen Angaben, die Möglichkeiten des Fernsehens für ihre Propaganda. Inhalte sind traditionell fundamentalistische Ziele (Abtreibungsverbot, Einführung des Schulgebets etc.), aber auch detaillierte Positionen in der Sozial- und Wirtschaftspolitik. Der Fernsehprediger Pat Robertson vertritt dabei auch unterschwellig antisemistische Positionen, ist aber kein ’richtiger’ Faschist, sondern gehört eher der Braunzone an.

Anfang der 80er Jahre entstanden mehrere konspirative Terrorgruppen im Umfeld der Christian Patriots, die bekannteste: „The Order“ im Umfeld der Nazi-Organisation „Aryan Nation“. Das Vorbild dieses Vereins stammt aus dem Roman „Turner Diaries“ von William Pierce, dem heutigen Chef der „National Alliance“, in dem Pierce den Weg zur Macht der amerikanischen Rassisten schildert: „Es gibt keinen Weg, in dem wir das System zerstören können, ohne viele tausend unschuldige Leute zu schädigen. Es ist ein Krebs, der zu tief in unserem Fleisch sitzt“ (S. 42). Zu den Fans dieses Machwerks  gehörten auch die mutmaßlichen Tatverdächtigen des Attentats von Oklahoma City, des mit 169 Toten und über 500 Verletzten bisher grauenhaftesten Nazi-Verbrechens in den USA.

Rekrutierungsfeld der faschistischen Organisationen sind weiter die Bürgermilizen , die sich in den letzten Jahren von unter 500 auf mehrere Zehntausend vergrößern konnten. Die internationale Rolle der US-Faschisten läßt sich festmachen am

- Institute for Historical Review mit Sitz in Kalifornien, der internationalen Zentrale der Holocaust-Leugner. Auf den jährlichen Tagungen sprechen u.a. David Irving, Fred Leuchter, Ernst Zündel. Im Beirat sitzen auch drei Deutsche: Georg Franz-Willing (Überlingen), Wilhelm Stäglich (Badenweiler) und Udo Walendy (Vlotho),

- an der NSDAP/AO; seit der Auslieferung Gerry Laucks 1995 an die BRD ist unklar, wie es mit dieser Organisation, die in den USA nur eine Randrolle gespielt hat, weitergehen wird.

- am Projekt „Resistance Records“, das u.a. die Hochglanzzeitung „Resistance Magazine“ (angebliche Auflage: 15.000 Exemplare) sowie CDs von Nazi-Skinheads herausgibt. Ein Ableger des Magazins in Schweden, „Storm“ im Nordland-Verlag, kommt angeblich gar auf eine Auflage von 20.000 Exemplaren. In der Redaktion von Nordland sitzen auch führende dänische Neonazis der DNSB, die wiederum über gute Kontakte zum Ex-FAP-Funktionär Christian Worch in Hamburg verfügt.

- Der Roman „Turner Diaries“ wird - als literarische Anleitung für Anschläge - seit neuestem auch in der BRD verbreitet.

Jonathan Mozzocki äußerte sich abschließend über die Aufgaben der AntifaschistInnen in den USA. Zum einen sei die Protestform der Demonstration in den Staaten angesichts von 200 Millionen Schußwaffen in Privathand gefährlich. Als Aufgabe sah er nicht, daß sich jetzt auch die Antifa bis an die Zähne bewaffnet, sondern durch Aufklärung und Infiltration die Nazi-Vereine im Zaum zu halten. Im Netzwerk der Antifa-Organisationen arbeiten sowohl pazifistische als auch zur Gewalt eventuell bereite Gruppen mit, ohne daß es hier eine Ausgrenzung gibt. Relativ neu ist an diesem Netzwerk auch, daß verschiedene Organisationen, etwa der Afroamerikaner oder der Schwulenbewegung, in diesen Zusammenhängen zusammenarbeiten, die bisher jeweils ihren Kampf gegen den Rechtsextremismus isoliert voneinander geführt hatten. (hap)