Rot-Grün im Landeshaus?

Der Landtagswahlkampf tritt langsam in seine heiße Phase. Am 23.2. hatten auch die Grünen ihre Auftaktveranstaltung, mit 400 Teilnehmern größer als die aller anderen Parteien, aber dennoch selbst für das kleine Land zwischen den Meeren nicht gerade überwältigend viel. Das Wahlvolk scheint ein wenig müde zu sein.

Wahlumfragen sehen die Grünen bei über 10 Prozent, und Spitzenkandidatin Irene Fröhlich peilt zuversichtlich 10 bis 15 Prozent an. Doch realistischerweise muß man im Norden bei der Umweltpartei immer einige Prozentpunkte abziehen. Auch die 8 bis 9 Prozent, die dann noch bleiben, wären ein Spitzenergebnis, daß die Grünen erstmalig in den Kieler Landtag brächte. Und wahrscheinlich auch in die Regierungsverantwortung. Irene Fröhlich mag die Vokabel rot-grün zwar nicht gerne hören, aber der Wind weht ganz eindeutig aus dieser Richtung.

Die angereiste Bundesprominenz ging in ihren Reden jedenfalls wie selbstverständlich davon aus, daß es eine Koalition mit der SPD geben werde. Erstaunlicherweise steht Schleswig-Holsteins Ministerpräsidentin, die gerne einen zweiten, untertariflichen Arbeitsmarkt einrichten möchte, bei den grünen Politikern hoch im Kurs. Es sei ein Gebot der Humanität, diese Frau nicht mit ihrer Partei allein zu lassen, so Fraktionssprecherin Krista Sager auf der Kieler Veranstaltung.

Auch Joschka Fischer gab sich die Ehre, und es war wirklich beeindruckend, wie sich die grüne Anhängerschaft an seine Lippen hängte. Dabei war er in den vergangenen Monaten aus dem hiesigen Landesverband wegen seines Einschwenkens auf einen Pro-Interventions-Kurs heftig kritisiert worden. Doch davon war an diesem Abend nichts zu spüren. Das strittige Thema Militäreinsatz in Jugoslawien wurde tunlichst umschifft. Stattdessen gab es ein paar wohlfeile Ausfälle gegen Niedersachsens Ministerpräsidenten Schröder und die „Pünktchen-Partei“ FDP, der Grünen liebster Feind. Die soll beerbt werden: „Wir sind auf den besten Weg dazu, die besseren Liberalen zu sein“, so Krista Sager, und angesichts ihrer euphorischen Positionen zur Marktwirtschaft und ihren Vorstellungen von der Flexibilisierung des Arbeitsmarktes mag man kaum widersprechen. (wop)