Nachschlagewerk gegen Vorurteile

Thomas Patrick Hughes hat ein Lexikon des Islam veröffentlicht. Auf fast 800 Seiten stellt er die religiösen Vorstellung und die aus diesen entspringenden Rechtsvorstellungen dar, wie sie sich aus dem Koran und aus den Kommentaren der muslimischen Autoritäten ergeben.

„Durch die extreme Entwicklung des Fundamentalismus ist in den letzten Jahren ein einseitiges und oft falsches Bild des Islam in unserer Gesellschaft entstanden. Das vorliegende Nachschlagewerk hat zum Ziel, dieses verzerrte Bild anhand solider Informationen über Anschauungen, Gesetze, Traditionen, Riten und Symbole dieser bedeutenden, von dem Propheten Mohammed gestifteten Weltreligion zu korrigieren, um auf diesem Weg Vorurteilen und Mißverständnissen vorzubeugen, um ein gesundes, tolerantes und für alle bereicherndes Miteinander zu unterstützen", schreibt der Verlag in seinem Waschzettel. Zwar ist auf Waschzettelangaben nicht in jedem Falle Verlaß, aber bei diesem Buch stimmt es. So finden sich im Lexikon Belegstellen für die Adaption christlicher und jüdischer Legenden im Koran, die rechtlichen Voraussetzungen der Ehe werden ebenso erläutert wie das Zinsverbot, und auch die unmittelbaren Nachfolger Mohammeds werden in ihrer Bedeutung für die verschiedenen muslimischen Richtungen/Konfessionen ausführlich abgehandelt.

Kritik an der Konzeption des Bandes muß allerdings da einsetzen, wo politisch wichtige Strömungen des Islam, wie etwa die Aleviten, nicht erwähnt werden. Somit handelt es sich bei dem Lexikon um ein Nachschlagewerk mit einer genauen Beschreibung der historischen Umstände der Entstehung des Islam und einen Versuch, die wichtigsten Strömungen auch des heutigen Islam darzustellen. Daß es eine unmögliche Aufgabe ist, tatsächlich jede einzelne Sekte des Islam darzustellen, begründet Hughes: „Von den sprichwörtlichen 73 Sekten des Islam sollen allein 32 schiitische sein. Einige meinen sogar, es gebe allein 73 schiitische Sekten.” (S. 644) – eine ähnliche Erscheinung, wie wir sie auch im Christentum vorfinden. Nur wer unzulässig vereinfachen will, kann daher von dem Islam sprechen. Meist ist mit dieser terrible simplification eine üble Hetzabsicht verknüpft. (hap)

Thomas Patrick Hughes: „Lexikon des Islam“, Fourier-Verlag Wiesbaden 1995, 29,80 DM, ISBN 3-925037-61-6.