Buchhandlung im Hamburger Schanzenviertel durchsucht

Am Morgen des 3.4.96 wurden unsere Geschäftsräume am Schulterblatt 55 vom LKA durchsucht. Anlaß war die Broschüre „55 Millionen plus X“, hrsg. von der Republik Freies Wendland, in der „auf den Seiten 18 und 19 detailliert Angaben darüber gemacht werden, wie Sprengsätze zur Sprengung von Strommasten und Schienensträngen herzustellen sind“ (zitiert aus dem Durchsuchungsbeschluß).

Uns wird die Verbreitung dieser Broschüre entsprechend § 130 StGB vorgeworfen: Verbreitung einer Schrift, die geeignet ist, zu Straftaten aufzurufen.

Kurz nach Öffnung des Ladens um 9.40 Uhr betraten fünf LKAler und ein Trupp Uniformierter (10-12) den Laden, weitere Uniformierte postierten sich vor Eingang und Schaufenster und ließen niemanden mehr herein.

In Anwesenheit unserer kurz darauf erschienenen Anwälte, die verhinderten, daß sämtliche Geschäftsunterlagen beschlagnahmt wurden, suchten sie relativ gezielt nach der Broschüre und Hinweisen auf deren UrheberInnen. Sie beschlagnahmten zwei Exemplare, außerdem eine vollständige Ausgabe der neuesten „Zeck“ - das Info aus der roten Flora - und 59 Exemplare des mittleren Einlegeblattes mit u.a. einer Kopie aus der gesuchten Broschüre, sowie eine Ausgabe der „radikal!“ Nr.151.

Wieder einmal sollen wir als linker Buchladen gezwungen werden, politische Veröffentlichungen zu zensieren und damit die Verbreitung linker Inhalte zu verhindern.

In erster Linie richtet sich das Vorgehen des Staatsschutzes jedoch gegen den radikalen Widerstand der Anti-AKW-Bewegung. Nach Ostern werden im Wendland die nächsten Castor-Transporte erwartet. Unter dem Motto „Den Castor stoppen, bevor er losfährt - Tag X2 - jetzt erst recht“ läuft die Mobilisierung, um diese Transporte politisch und praktisch zu verhindern. Kein Wunder, daß der Staatsschutz aktiv wird. (aus: Göttinger Drucksache)