Uni wird kaputtgespart - Studierende im Urlaub?

Am 29.7. beriet das Studierendenparlament (StuPa) der Uni Kiel über die der Uni drohenden Sparbeschlüsse der Landesregierung (wir berichteten in den letzten beiden Ausgaben) und mögliche Protestaktionen. Was bei dieser Beratung herauskam ist zwar mehr als nichts, aber leider viel zu wenig.

Doch beginnen wir am Anfang: Seit nunmehr drei Wochen tagt jeden Dienstag (um 18.30 Uhr in der Alten Mensa, Westring/Ecke Olshausenstr.) die um einige AktivistInnen erweiterte FachschaftsvertreterInnenkonferenz (FVK). Diese hatte zunächst kleine aber regelmäßige Aktionen (z.B. Bonbons und Flugblätter in KVAG-Bussen verteilen) geplant. Bei ihrer zweiten Sitzung wurden zwei neue Ideen entwickelt. Zum einen sollten die Studierenden mit einer Verschickung über das Ausmaß der drohenden Sparbeschlüsse informiert werden. In diesem Informationsschreiben, das zusammen mit den Rückmeldeunterlagen für das Sommersemester 1997 verschickt werden sollte, wollte die FVK ferner für eine große Demonstration vor der Kabinettstagung am 9. September, auf der der Landeshaushalt 1997 und damit auch die Kürzungen an der Uni auf den Weg ins Parlament geschickt werden, mobilisieren.

Die FVK hatte ihre Rechnung allerdings ohne den AStA gemacht, insbesondere ohne dessen Vorsitzenden, Oliver Niederhoff. Dieser wandte sich im StuPa gegen eine solche, frühe, Demonstration. Begründung: Während der Semesterferien seien zu wenige Studierende vor Ort, eine als große Demo angekündigte Aktion, zu der aber nur ein paar hundert DemonstrantInnen kommen, wirke peinlich und werde die Sparer im Landtag eher ermutigen, ihren Kurs fortzusetzen, da für sie der Eindruck entstehe, der studentische Protest sei eben nur schwach. Eine deutliche Mehrheit im StuPa schloß sich dieser Meinung an. Beschlossen wurde lediglich folgendes: 1. Die Studierenden werden mit einer Verschickung über die Lage informiert. Das StuPa bewilligte dafür die Porto- und Druckkosten in Höhe von knapp 13.000 DM. 2. Die Studierenden werden noch nicht zu einer Demo aufgerufen, sondern lediglich zu einem Aktionstag, der am 29.8. stattfinden soll. Eine Großdemonstration soll zu Beginn des Semesters, also Anfang November stattfinden.


Dann allerdings wird es kaum noch etwas geben, gegen das demonstriert werden kann, denn aller Wahrscheinlichkeit nach, werden die Sparbeschlüsse des Kabinetts dann sogar schon durch den Landtag gegangen sein. Sowohl Teile der FVK als auch das Uni-Rektorat zeigten sich enttäuscht über diese Strategie von AStA und StuPa. Die Uni-Leitung, so wurde im persönlichen Gespräch mitgeteilt, hätte einen massiven studentischen Protest noch während der Semesterferien begrüßt. Immerhin räumte Oliver Niederhoff ein, bei guter Beteiligung könne aus dem Aktionstag ja eine Spontandemo zum Landeshaus erwachsen. Zum Schluß der StuPa-Sitzung kam es dann noch zu einem Eklat. Für eine Resolution des StuPa an die Abgeordneten des Landtags lagen zwei Entwürfe vor, einer vom AStA-Vorsitzenden und einer vom RCDS. In letzterem machte sich der RCDS die Sparlogik der Regierenden zu eigen, statt sie rundweg abzulehnen, wie dies der AStA-Entwurf wenigstens ansatzweise tat, und forderte in Übereinstimmung mit einem Vorschlag des ehemaligen CDU-Kultusministers Bendixen z.B. eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit von ProfessorInnen bis zum 68. Lebensjahr als Maßnahme gegen die Hochschulmisere. Als ihr Resolutionsentwurf keine Mehrheit fand, verließen drei der vier RCDS-Abgeordneten den Saal. Der verbliebene vierte ließ daraufhin die Beschlußfähigkeit prüfen, die nach dem Abgang des RCDS nicht mehr bestand. Die Folge war, daß nun überhaupt keine Resolution verabschiedet werden konnte. Der Resolutionsentwurf von Oliver Niederhoff wurde in leicht abgewandelter Form lediglich als offener Brief des AStA-Vorstandes an die Landtagsabgeordneten und die Ministerpräsidentin verschickt. In dem Brief wird eine Anhörung vor dem Beschluß des Landeshaushaltes 1997 angeregt.

Angesichts des Ausmaßes des drohenden Sparhammers müssen die geschilderten parlamentarischen Trickkisten ebenso wie die zögerliche Haltung des AStA und einer Mehrheit im StuPa sehr erstaunen. Der studentische Protest scheint bis zum Ende der Semesterferien gelähmt, bis auf kleine Aktionen, die jeden Donnerstag in der Innenstadt stattfinden sollen, und den geplanten Aktionstag am 29.8.


Währenddessen wird der Umfang der Sparpläne immer deutlicher. Mit der Schließung von 12 Instituten und scharfen Einsparungen an weiteren 7 Instituten lassen sich nur etwa 130 der geplanten 250 Stellen bis zum Jahr 2000 einsparen. Zudem ist weiterhin unklar, auf welche Weise die dem „Innovationspool“ zufließenden Stellen in andere, angeblich „zukunftsträchtigere“ Bereiche der Uni zurückfließen sollen, oder ob, mangels „innovativer“ Bereiche, nicht doch ein Großteil dieser Stellen wegfällt, aus dem Innovations- also ein Sparpool wird. Bedenklich muß auch stimmen, daß Schleswig-Holstein mit 30% schon jetzt die größte „Studierenden-Exportquote“ besitzt, wie der Landeshochschulplan von 1991 feststellt. Diese Quote wird sich noch erhöhen, wenn die Sparbeschlüsse durchgesetzt werden, was dazu führen könnte, daß sich andere Bundesländer, deren Universitäten es auch nicht gerade rosig geht, weigern werden, Studierende aus Schleswig-Holstein aufzunehmen.

Trotz dieser mißlichen Lage fanden an den beiden letzten Donnerstagen kleine Aktionen in der Innenstadt statt. Mit einem Sarg wurden die 12 von völliger Schließung bedrohten Institute symbolisch zu Grabe getragen. Knapp 300 PassantInnen setzten ihre Unterschrift auf eine Liste, die dem Landtag übergeben werden soll. Ob ein solcher Protest die SparkommissarInnen im Landeshaus mehr beeidrucken wird, als eine möglicherweise nur von einigen hundert Studierenden besuchte Demonstration in zeitlicher Nähe zum Kabinettsbeschluß am 9. September, sei dahingestellt. Zu hoffen steht wenigstens, daß nun einige Fachschaften die Initiative ergreifen, die AStA und StuPa so leichtfertig aus der Hand gelegt haben.

(jm)

Immer dienstags um 18.30 Uhr (Alte Mensa, kleiner Hörsaal) finden im August weitere FVK-Treffen statt, die für alle aktionswilligen Studierenden offen sind.