VVN protestiert gegen die Vertuschung rechtsradikaler Überfälle

Mit der seit einiger Zeit feststellbaren Vertuschung rechtsradikaler Straftaten müsse unverzüglich Schluß gemacht werden, forderte die schleswig-holsteinische Landesvereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten (VVN/BdA) Ende Juli in einer Pressemitteilung. Dies machten die jüngsten Überfälle Rechtsradikaler in Mecklenburg-Vorpommern auf ein Zeltlager und die verharmlosenden Reaktionen der Polizei einmal mehr deutlich.

„Der Landesverband Schleswig-Holstein der VVN/Bund der Antifaschisten fordert Polizei, Justiz und die Medien auf, sich nicht dafür herzugeben, aus politischen Gründen von rechtsradikalen und neofaschistischen Tätern und Drahtziehern abzulenken. Statt dessen müssen Roß und Reiter benannt werden“, heißt es in der Mitteilung. Nach dem Besuch des israelischen Präsidenten in Bonn und seiner Warnung im Bundestag vor jeglichen neofaschistischen Aktivitäten hätten Politiker ein verstärktes Interesse an den Tag gelegt, vor der Weltöffentlichkeit die Tatsache zu verschweigen, daß Rechtsradikale und Neofaschisten neuen Auftrieb bekommen und zur Sammlung entschlossen sind.

Beim Brandanschlag auf ein Asylbewerberheim in der Lübecker Hafenstraße in der Nacht zum 19. Januar dieses Jahres seien verdächtige Personen außer Verfolgung gesetzt worden, obwohl sie nicht nur in der Nähe des Tatortes angetroffen worden seien, sondern auch Brandspuren aufwiesen, „die sie mit lügenhaften Märchen erklärten.“ „Die Staatsanwaltschaft in Lübeck hat sich dabei so sehr ins Zwielicht gebracht, daß ein Skandal unvorstellbaren Maßes droht“, so die VVN-Landesvorsitzende Marianne Wilke.

Auch bei dem Brand in einer Asylbewerber- und Obdachlosenunterkunft in Wedel (Kreis Pinneberg) kurze Zeit nach dem Lübecker Anschlag habe für die Polizei von der ersten Stunde an festgestanden, daß ausländerfeindliche Motive ausgeschlossen werden können. „Kein Medienvertreter hat bisher die Frage gestellt, worauf die Polizei ihre Feststellungen gründet. Nun geschieht in Mecklenburg-Vorpommern die gleiche Vertuschung. Obwohl Skinheads beim Überfall auf Jugendliche ausländerfeindliche Parolen riefen, schloß die Polizei eine Tat von Rechtsradikalen aus und dementierte sogar Berichte der Medien, die sich auf Aussagen der Überfallenen berufen konnten. Wir sehen uns deshalb veranlaßt, davor zu warnen, daß die offenbar gewollte Abwieglung zum Anwachsen neofaschistischer Taten führen kann“, so Marianne Wilke.

Die Staatsanwaltschaft Lübeck hat inzwischen in einer Presseerklärung zugegeben, daß die ehemals der Brand-Tat in der Nacht vom 18. auf den 19.1. Beschuldigten bei der rechtsmedizinischen Untersuchung „frische“ Brandspuren aufwiesen: „Die Untersuchung ergab, daß bei drei Personen im Bereich des Kopfhaares, der Augenbrauen und der Wimpern Hitzebeschädigungen im Sinne von versengten Haarenden festgestellt wurden. Diese Veränderung wurde als „frisch“ bezeichnet. Durch ein ergänzendes rechtsmedizinisches Gutachten ist nunmehr lediglich der Begriff „frisch“ präzisiert worden. Danach ist mit dem Wort „frisch“ gemeint, daß die thermische Einwirkung allenfalls mehrere Stunden bis maximal 24 Stunden zurückliegen dürfte.“

Die Staatsanwaltschaft habe bei ihren Überlegungen durchaus berücksichtigt, daß die als „frisch“ bezeichneten Versengungen innerhalb der jetzt genannten Zeitspanne entstanden sein könnten. Trotzdem sieht die Staatsanwaltschaft darin keinen Tatnachweis und sich „mithin zu keiner Änderung der bisherigen Bewertung“ veranlaßt.

(bam)