Demo as usual

1. Mai in Kiel

Am Tag zuvor hatte das Miámanagement der Bremer Vulkan Konkurs angemeldet, vier Tage vorher hatte der Bundestag mal wieder im Sozialbereich gespart. In Kiel fanden am 1. Mai dennoch nur um die tausend Menschen den Weg auf die Straße, ein paar mehr als im letzten Jahr zwar, aber dennoch nur Demo-Business as usual mit etwas gelangweiltem Volksfestcharakter bei der abschließenden Kundgebung vor dem Legienhof.

"Höchste Zeit für neue Zeiten" hatte der DGB als zentrales Motto getitelt. Wie die "neuen Zeiten" nach Ansicht der DGB-Spitze aussehen sollen, dürfte bekannt sein: Lohnverzicht gegen eine lockere Zusage der KapitalistInnen, bei Gelegenheit vielleicht ein paar Arbeitsplätze zu schaffen. Zumindest im bundesweiten Demo-Aufruf hielt der DGB immer noch an den Blütenträumen vom "Bündnis für Arbeit" fest. Aber Papier ist geduldig, denn an der Gewerkschaftsbasis wird dieses Programm nach wie vor kritisch gesehen, wie viele Transparente auch auf der Kieler Mai-Demo zeigten. Dennoch hatte der Kieler DGB als Hauptrednerin wie im letzten Jahr Ministerpräsidentin und Sparkommissarin Heide Simonis eingeladen. Zu ihrem phrasoiden und inhaltsleeren Redebeitrag - no comment.

Neben den Gewerkschaften - allen voran die durch den "Betriebsausflug nach Bonn" gegen die Ladenschlußnovellierung am Wochenende vorher gut mobilisierte hbv - nutzten auch wieder andere linke Gruppen den "Tag der Arbeit" zur Formulierung ihres Widerstands. Unter Aegide der Arbeitsloseninitiative Gaarden hatte sich wie schon zum "Karnevalsumzug gegen den Sozialkahlschlag" im Februar ein "Bündnis gegen den Sozialkahlschlag" formiert, das mit einem gekreuzigten Arbeitslosen auf die fatalen Folgen der Sozialkürzungen aufmerksam machte. Ebenso waren Kurdinnen und Kurden zahlreich vertreten und sorgten zumindest farblich für das rote I-Tüpfelchen der Demo. Ihr Transparent wies darauf hin, dass gerade die Verfolgung der KurdInnen, insbesondere der PKK, in Deutschland eine politische Lösung des Konflikts erschwert.

Ansonsten waren Demo und Kundgebung wiedermal recht lau, kein Vergleich jedenfalls mit dem Mobilisierungsgrad in Bremen und Berlin. Ob man sich bei dieser Lage der Linken und der Gewerkschaften in Kiel der Überschrift des Demo-Aufrufs des "Bündnisses gegen den Sozialkahlschlag" - "Heraus zum 1. Mai - Auf die eigene Kraft vertrauen!" - anschließen kann? Der nächste 1. Mai wird's zeigen.

(jm)