Vorauseilender Gehorsam

Vorstand der Pumpe will Veranstaltungsbereich schließen

Irgendwie ist's vorbei mit den alternativen Zeiten. Schleichend und von der Öffentlichkeit kaum bemerkt ist die Alternativ-Kultur in der Landeshauptstadt mehr und mehr auf dem Rückzug. Das Initiativenzentrum im Königsweg wurde schon letztes Jahr Opfer der Abrissbirne - zugunsten von Konsum und Kommerz. An das "Merhaba" erinnert sich eh kein Schwein mehr. Jetzt wird auch noch der Pumpe das Wasser abgegraben, genauer: ihr eigener Vorstand will den Laden dichtmachen. Ein Veranstaltungsprogramm wie bisher könne sich die Pumpe "nicht mehr leisten".

Das die Standortlogik und der Bonner Sparterror mehr und mehr auch in ehemals alternativ angehauchte Köpfe vordringt, ist bekannt. Das sich gerade im Kulturmanagementbereich die alternative Aufbruchstimmung der frühen 80er Jahre in den Typus des "Besserverdienenden mit getrennter Müllsammlung" verwandelt hat, dafür gibt der Pumpen-Vorstand mit dem Coup kurz vor seinem Abgang ein beredtes Beispiel. Es geht nicht um die üblichen Kürzungen, Sparen, Sparen und nochmals Sparen. Nein, "der Veranstaltungsbereich der Pumpe wird in seiner jetzigen Form nicht weitergeführt", heißt es in der Pressemitteilung des Vorstands. Und das ist noch euphemistisch ausgedrückt. Vier Entlassungen sind geplant, drei MitarbeiterInnen des Veranstaltungsteams, darunter auch der Booker Peter Baade, sowie eine Reinigungskraft. Damit wäre dann der Veranstaltungsbereich nahezu vollständig abgewickelt. Übrig bleiben die Gastronomie in der Pumpe und das Anfang Mai gerade in neuem Outfit und mit verbesserter Technik wiedereröffnete Kommunale Kino.

Besonders infam ist das "soziokulturelle" Mäntelchen, mit dem der Pumpen-Vorstand seinen Kahlschlag bekleidet: "Die Pumpe muss wieder die Lücken finden, die zu füllen die eigentliche Aufgabe eines soziokulturellen Zentrums ist." Die Lückenbüßer sollen diejenigen sein, die Kultur für lau oder am besten umsonst anbieten, denn, so der Vorstand: "Die Pumpe muss wieder zum Ort werden, den kleine Musik- und Theatergruppen, Vereine und Initiativen für sich nutzen, ohne das das Haus hochqualifiziertes und hochbezahltes Personal zur Verfügung stellt."

Für die von der Entlassung betroffenen KulturwerkerInnen dürfte gerade der letzte Halbsatz des Vorstandspamphlets ein Schlag ins Gesicht sein. Haben sie doch bereits im letzten Jahr freiwillig auf Lohnerhöhungen und Leistungen wie Weihnachtsgeld verzichtet, um die chronische Finanzmisere der Pumpe ein wenig zu mildern. Zum Ende des Jahres wurde die Theaterfrau Beate Jänicke entlassen, dass Veranstaltungsmanagement durch Stundenkürzungen gestrafft. Ohne großes Murren nahm das Team diese Einschnitte hin, denn der Vorstand ließ vermelden, dass nun "im Personalkostenbereich für 3 bis 5 Jahre Ruhe" sei, in diesem Zeitraum sogar die tarifüblichen Lohnerhöhungen gezahlt werden könnten. Die "3 bis 5 Jahre" haben nun gerade mal 4 Monate vorgehalten.

Wie sich der am 17.6. endgültig scheidende Vorstand das "neue Konzept" der Pumpe vorstellt, ist indessen unklar. Die Gastronomie soll in eine GmbH umgewandelt, also durchkapitalisiert werden. Bloß, wer geht in die Pumpenkneipe, wenn's keine oder nur noch zweitklassige Veranstaltungen gibt? Im Vorstandspapier selbst heißt es, dass man mit den kommerziellen Kulturanbietern (MAX, Traumfabrik &c.) vor Ort nicht konkurrieren könne. Widerspricht sich da nicht was? Zudem hat der Vorstand in zähen Verhandlungen mit der Stadt - und das muss man ihm immerhin als Verdienst anrechnen - endlich eine Planungssicherheit für die Pumpe erreicht. Auf 10 Jahre und zweimalige 5-jährige Verlängerung ist die Nutzung des Hauses jetzt abgesichert, bei einem zwar gedeckelten aber auf diese Zeit fest zugesagten Zuschuss von der Stadt in Höhe von 850.000 DM. Wie sicher wird dieser Zuschuss sein, wenn in der Pumpe außer (freilich hochklassigem) Kino und ein paar Gigs aus der Keller-Combo-Szene nichts mehr stattfindet? Wird die Stadt Lust haben, eine schlecht gehende Kneipe mit 850.000 DM jährlich zu subventionieren? Gerade im Kulturbereich sitzt im Rat der Stadt Kiel der Rotstift locker in der Tasche, und er wird in Zukunft sicher gerne weiter streichen, wenn sich der Vorstand einer Kultureinrichtung wie der Pumpe selbst enthauptet und in vorauseilendem Gehorsam die Arbeit der SparpolitikerInnen selbst macht.

(jm)