„Stolperstein der Geschichte“

Streit um Bunkerruine „Kilian“ geht in die nächste Runde

Nachdem der Rat der Stadt Kiel sich im März für einen Abriß der Ruine des U-Boot-Bunkers „Kilian“ ausgesprochen hatte (wir berichteten), bestätigte am 20.5. die untere Denkmalschutzbehörde den Weiterbestand des seit 1988 denkmalgeschützten Mahnmals.

Die SPD-Fraktion des Kieler Rates, allen voran Wirtschaftsdezernent Peter Kirschnick, will nach dieser Schlappe die Angelegenheit nun zur Kabinettssache machen, um auf diesem Wege den Streit „Arbeitsplätze (im neuen Ostuferhafen, dessen Ausbau der „Kilian“ angeblich entgegensteht) contra Mahnmal“ doch noch für sich zu entscheiden. Vorher hatten die Hafenlobbyisten überlegt, gegen den Beschluß der Denkmalschutzbehörde zu klagen. Der Grund, jetzt eine schnelle politische Entscheidung auf höchster Ebene anzustrengen, liegt auf der Hand. Ein Rechtsstreit kann Jahre dauern - zu lange für den geplanten Hafenausbau.

Jens Rönnau, Vorsitzender des Vereins „Mahnmal Kilian e.V.“, hingegen warnte davor, die Sache „übers Knie zu brechen“. Eine übereilte Kabinettsentscheidung unter dem Druck der Genossen aus dem Rat wird nämlich der komplizierten Thematik nicht gerecht. Der Verein hat bereits des öfteren Kompromißvorschläge und ein elaboriertes Konzept des stufenweisen Ausbaus des Mahnmals vorgelegt, um die scheinbare Alternative Hafen oder „Kilian“, die die Mehrheit im Rat immer wieder beschwört, zu entschärfen. Auch der Kunstprofessor Adrian von Buttlar, ebenfalls Mitglied des Vereins, sprach sich gegen die polarisierende Demagogie der Wirtschaftshörigen im Rat aus. Die Stadt brauche sowohl das Mahnmal als auch den Hafen.

Für ein klares „Jein“ zum „Kilian“ hat sich offenbar die SPD-Landtagsfraktion entschieden. Bei der Landtagsdebatte über den Bunker am 24.5. will auch sie eine Kabinettsentscheidung erwirken, bei der jedoch – im Gegensatz zum Entschließungsantrag der F.D.P., nach dem das Parlament sich für einen Abriß aussprechen soll – „wirtschaftliche, ökologische und kulturelle Belange in nachhaltiger Form“ zu berücksichtigen seien. In welcher Form was „nachhaltig berücksichtigt“ werden soll, steht nicht in dem Änderungsantrag zum F.D.P.-Antrag. Der SPD-Landtagsabgeordnete Rolf Schroedter wurde da deutlicher: Er forderte vom Kabinett einen Beschluß „pro Arbeitsplätze“.

Während so der „Schwarze Peter“ unter den Sozialdemokraten hin und her geschoben wird, arbeitet der Verein weiter an Konzepten für eine bessere Einbettung der mißliebigen Ruine in die öffentliche Wahrnehmung. Zum 50. Jahrestag der Sprengung des Bunkers durch die britische Besatzungsmacht ist im Oktober eine interdisziplinäre Ausstellung mit dem treffenden Titel „Stolperstein der Geschichte“ geplant, bei der verschiedene Hochschulinstitute und die Landesbibliothek mitwirken werden. Diese Ausstellung soll das Mahnmal über den provinziellen Streit hinaus auch in den internationalen Blick rücken, als Stätte der internationalen Begegnung für Frieden und gegenseitiges Verständnis.

(jm)