Nochmal: Cellpap statt Geschichte?

Unternehmer drohen mit Investitionsstreik gegen „Kilian“

Manchmal ist eine Nachricht schon bei Redaktionsschluß veraltet, so auch die neuesten Nachrichten über den mittlerweile schildbourgeoise Formen annehmenden Streit um den Bunker „Kilian“ in der letzten Ausgabe der „Lokalberichte Kiel“.

Während die „alte Tante“ SPD, wie Willy Brandt seine Partei ab und an gern nannte, noch beim Regierungskaffeekränzchen mit dem Verschieben des „Schwarzen Peters“ beschäftigt war, nämlich darauf drängte, die Sache „Kilian“ durch Simonis Herself entscheiden zu lassen, waren Kieler Unternehmer schon einen Schritt weiter. Eine Quadriga, bestehend aus Harm Sievers von Cellpap, Folke Grammerstorf (Schiffsausrüster und inzwischen auch Betreiber einer Frachtlinie nach Tallinn) sowie den Schiffsagenten Norbert Quelle (Agentur Nicolaus Haye) und Volker Muus (Lita Shipping), schlug erpresserische Töne an: Wenn der „Kilian“ nicht weiche, dann weiche man selbst - nach Rostock oder Wismar. Dadurch gingen dem Kieler Hafen 120 Arbeitsplätze verloren, nebst einem Investitionsvolumen von 60 Mio. DM.

Mensch behalte diese Zahl - 120 - in gutem Gedächtnis, denn sie ist deutlich niedriger als die ehemals von den Promotern des Ostuferhafens gehandelte Zahl von über 500. So viele Arbeitsplätze scheint der „Kilian“ dann wohl doch nicht zu kosten, oder? 34 Mio. DM hätten besagte Unternehmen bereits investiert, weitere 60 Mio. wolle man nun zurückhalten, wenn der Ostuferhafen nicht gebaut werde.

Eine besondere Note erhält dieser Streich der Vier dadurch, daß mindestens drei von ihnen (außer Cellpap?) nicht schlecht am Handel mit dem Osten via Mare Balticum verdienen. Könnte es sein, daß gerade jenen der „Kilian“ als Mahnmal gegen deutschen (Militär-) Größenwahn, der sich just auch gegen die Länder im Osten richtete, eine eher unangenehme Erinnerung erzeugt? Schließlich sind sie an etwas beteiligt, was die großdeutsche Militärmaschinerie letztlich nicht schaffte: die Kolonisierung des Ostens - diesmal mit den Mitteln des „friedlichen“ Handels statt mit Bomben und Granaten.

Heide Simonis, Ministerpräsidentin und Mutter aller Koalitionen, hat derweil nach einer Landtagsdebatte über den „Kilian“ den „Schwarzen Peter“ willig entgegen genommen. Es werde eine Kabinettsentscheidung geben. Wie die ausfallen wird, sei noch unklar. Bedenkt mensch jedoch Simonis' Hörigkeit gegenüber den „Forderungen“ der Wirtschaftslobby, so läßt dies nichts Gutes ahnen. Fortsetzung folgt. (jm)