Hennigs Hobby

Ottfried Hennig will Offenem Kanal den Geldhahn zudrehen

In einer Pressemitteilung (vom 27.6.96) gegen die Pläne der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ARD und ZDF, einen Parlamentskanal einzurichten, schoß Oppositionsführer Ottfried Hennig auch scharf gegen die Offenen Kanäle in Schleswig-Holstein (Flensburg, Kiel und Lübeck). Bei den Offenen Kanälen „müßten Bürgerinnen und Bürger mit ihren Gebühren für das Hobby weniger Menschen bezahlen“. Die Offenen Kanäle seien „zwar eine nette Spielwiese, aber auch nicht mehr als das“, sagte Hennig. Deshalb dürften im Sparprogramm des Landes bei der Streichung von Zuschüssen zu Vereinen und Verbänden auch die Offenen Kanäle nicht ausgenommen werden.

SPD-MdL Bernd Saxe wandte sich in einer Antwort gegen Hennigs Hobby des Sparens an der falschen Stelle: „Offene Kanäle sind viel mehr als nur das Hobby einiger weniger (...). Offene Kanäle sind ein Stück Konkretisierung der Rundfunkfreiheit; sie sind häufig die einzige Chance des Bürgers, das Verfassungsrecht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu verbreiten, zu realisieren.“ Dieses „Stück Gegenöffentlichkeit vor Ort“ sei wohl das, was Hennig störe. Überdies begrüße die SPD-Fraktion die Pläne, einen vierten Offenen Kanal an der Westküste (Heide oder Husum) einzurichten.

Auch die Betreiberin der Offenen Kanäle, die Unabhängige Landesanstalt für das Rundfunkwesen (ULR), versetzte Hennig einen Dämpfer. Die Offenen Kanäle seien „im audiovisuellen Zeitalter kein Hobby, sondern ein Muß. Als Medium der Nahraumkommunikation“ seien sie „ein Farbtupfer im grauen Einheitsbrei quotenorientierter Programme“ und würden die Medienkompetenz produzieren, „von der andere nur reden“. Insbesondere die unbürokratische und wenig institutionalisierte Einbindung der Offenen Kanäle in die Medienpädagogik an den Schulen hob die ULR dabei hervor. Mit 5 Mio. DM erhalte die ULR zudem nur 1,6% aus dem Gebührentopf, dies nicht nur zur Finanzierung der Offenen Kanäle, sondern zur Wahrnehmung aller ihrer Aufgaben.

Die Antworten auf Hennigs Vorstoß machen es bereits deutlich. Der CDU-Fraktion geht es nicht allein ums Sparen, sondern darum, einen mißliebigen BürgerInnenkanal mundtot zu machen, der neben Minderheitenprogrammen eben auch manch kritischen Beitrag bringt. Hennigs Sparappell ist somit eindeutig auch gegen das demokratische Recht auf Meinungspluralismus gerichtet. Und es ist wohl nicht nur eine Unterstellung, daß Hennig und die CDU das öffentlich-rechtliche Fernsehen weiter schwächen wollen, um den Privatfunkern eine ungeliebte Konkurrenz vom Leibe zu schaffen.

(jm)