Haschisch aus der Apotheke?

Nach langen Debatten im Vorfeld hat die schleswig-holsteinische Gesundheitsministerin Heide Moser am 10.2. beim Berliner Bundesinstitut für Arzeneimittel und Medizinprodukte eine Genehmigung des Modellversuches zur kontrollierten Abgabe von Cannabisprodukten in Apotheken beantragt. Ziel des Pilotversuchs ist die Trennung der Märkte von harten und weichen Drogen. Die Landesregierung stützt sich in der Begründung des Antrags vor allem auf die unterschiedliche Rechtspraxis beim § 31a des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG), nach der bereits jetzt der Besitz von geringen Mengen Haschisch straffrei ist. Ferner gebe es nach dem BtMG keine Gründe für eine Versagung der Genehmigung, die das Bundesinstitut im Rahmen seines Ermessensspielraums also erteilen könne.

Der Modellversuch soll nach einer einjährigen Vorbereitungsphase mit Schulungen für die Teilnehmer und Befragungen zunächst in drei Regionen anlaufen, nach der Empfehlung des wissenschaftlichen Gutachters in einer ländlich strukturierten, einer städtischen und einer im Ballungsgebiet des Hamburger Umlands. Während des Versuchs sollen Cannabisprodukte in Einheiten von 0,5 Gramm bei einer Tagesmenge von maximal 5 Gramm erworben werden können. Der Preis soll über dem auf dem Schwarzmarkt liegen. Als Gegenwert erhalten die Käufer reine Ware und einen landesweiten Legalitätsschutz, der nur für originalverpackte Produkte gilt. Wer an dem Modellversuch als Konsument teilnimmt, erhält eine fälschungssichere Teilnehmerkarte, die zum Erwerb berechtigt. Sie werde nur eine Nummer enthalten, Namen und Daten würden nicht festgehalten. Heide Moser sieht dieses Angebot als besonders attraktiv für Gelegenheits- und Neugierkonsumenten an. Mit der Genehmigung aus Berlin rechnet sie Mitte des Jahres.

Der Apothekerverband S.-H. hingegen lehnt den Modellversuch unter dem Motto „Kein Hasch aus der Apotheke“ kategorisch ab, wie Volker Articus, Vorsitzender des Verbandes, verlauten ließ. Der Cannabis abgebende Apotheker werde „zum Schuldigen“, wenn sich beim Versuch herausstelle, daß jugendliche Erwerber ihre legal erworbene Dosis an andere Jugendliche und Kinder weitergeben. Die kontrollierte Abgabe sage nichts über die Verwendung des Rauschmittels und die Folgeschäden aus, die unkontrolliert blieben. Überdies erleichtere der Versuch den Einstieg in den Drogenkonsum. Darin könne keine Verhütung oder Verminderung des Drogengebrauchs gesehen werden. Anders als bei der Behandlung schwerkranker Süchtiger könne der Apothekerverband daher dem Versuch nicht zustimmen.

Darin ist die CDU mit den Apothekern d’accord. Die Ratsfraktion hat für die Sitzung am 20.2. einen Resolutionsantrag gestellt. Danach soll Kiel nicht als Region für den Modellversuch ausgewählt werden und die dafür vorgesehenen Mittel für Drogenprävention vorgesehen werden. Überdies solle die Ratsversammlung der Landesregierung empfehlen, ganz von dem Modellversuch abzusehen. Die Kieler Apotheker, so der Resolutionsentwurf weiter, sollen aufgefordert werden, die Durchführung des Versuchs zu verweigern. Die Begründung des Antrags enthält erneut die längst von der Wissenschaft widerlegten Ammenmärchen über die Gefahren des THC-Konsums. Besonders pikant ist die Begründung der Landes-CDU für ihre Ablehnung des Versuchs in einem Flugblatt im Rahmen der Aktion „Rote Karte“. Sie ist inhaltlich und z.T. wörtlich identisch mit einer Veröffentlichung des „Vereins zur Förderung der Psychologischen Menschenkenntnis“ (VPM), wie die Grünen in einer Pressemitteilung offenlegten. Der VPM gilt laut einem Bericht der Landesregierung über Aktivitäten von Sekten (vom 21.3.95) als eine rechts-autoritäre Psychosekte. Die Mitgliedschaft berge für den einzelnen „die Gefahr, daß eine Abhängigkeit zu der Gruppe entstehen kann“.

Vielleicht sollten die CDU-Abgeordneten lieber mal einen Joint durchziehen. Wie diverse Studien gezeigt haben, ist dessen Suchtpotential deutlich geringer als das von Psychosekten. (bam/jm)