KERNspalte

Wir waren noch mit dem Layout der letzten LinX beschäftigt, die Seite mit der Story über die Krümmeler Entgleisungen stand gerade, da piept unser Modem, und auf dem Bildschirm erscheint eine Agenturmeldung. Im französischen Apach, kurz hinter der Saarländischen Grenze, war wieder ein Waggon entgleist, und diesmal war ein Castor drauf. Inhalt: hochradioaktiver Müll aus dem Emsland auf dem Weg ins englische Sellafield zur „Wiederaufbereitung“ (sprich: Vervielfachung). Von Dünkirchen sollte er verschifft werden. (Man schaue sich einmal auf einer Landkarte an, was für ein Umweg da gefahren wurde.) Was zuvor Woche für Woche gut gegangen war - die Nebenstrecke gehört zu den Hauptrouten deutschen Atommüllexports - ging diesmal schief. Zum Glück nur ein bißchen, denn der Zug fuhr langsam, nicht die möglichen 100 km/h. Radioaktivität trat nicht aus, jedenfalls keine zusätzliche, denn die Behälter strahlen auch im „Normal“-Zustand immer noch genug ab, daß das niedersächsische Innenministerium seine Beamtinnen und Beamten im zeugungsfähigen Alter in Gorleben anzuweisen pflegt, sich nicht zu lange in der Nähe des Mülls aufzuhalten, dem sie den Weg frei prügeln.

Natürlich hat diese „triviale Belastung“ (Florentin Lange von der Gesellschaft für Reaktorsicherheit) weder in der Atomgemeinde, noch in Bonn jemanden zum Nachdenken veranlaßt: Der Transport nach Gorleben wird vorbereitet, koste es, was es wolle. Kernkraftgegner aus der ganzen Republik bereiten sich darauf vor, daß es Anfang März soweit ist. Am Freitag nach Redaktionsschluß findet in der Pumpe dazu eine Vorbereitungsveranstaltung statt.

Derweil basteln Großkoalitionäre mal wieder an einem „Atom-Konsens“. Die Frankfurter Rundschau berichtet, daß Experten von CDU und SPD erwägen, deutschen Atommüll im Pazifik zu entsorgen. Dort plant die US-Regierung, die Insel Palmyra aufzukaufen, um auf ihr Waffenplutonium endzulagern. Vielleicht findet sich dort, so die Überlegung der Partei-Fachleute, ja auch ein Plätzchen für den deutschen Strahlenmüll. Palmyra, so erfahren wir von Greenpeace, liegt ca. einen Meter über dem Meeresspiegel und hat gute Chancen im nächsten Jahrhundert Opfer des Klimawandels zu werden.

Auch sonst läßt sich sehen, was da unter Mitwirkung des Hauses Schröder ausgebrütet wurde: In Süddeutschland soll ein weiteres Zwischenlager entstehen - „um Gorleben zu entlasten“ - und auch die Sachsen-Anhaltiner wurden nicht vergessen. Das Endlager Morsleben, eine der wenigen DDR-Errungenschaften, die den „Stasi-Unrechtsstaat“ überlebt haben, soll statt bis ins Jahr 2000 bis 2005 weiter betrieben werden. In Morsleben wird schwach- und mittelradioaktiver Abfall in einen Salzstock gekippt, der damit nicht mehr rückholbar ist. (wop)