Tausende demonstrierten gegen faschistischen Mord

Wie in der letzten Ausgabe kurz berichtet, wurde am 3.2. in Gaarden der 28jährige Ercan Alkaya auf offener Straße erschossen. Der Täter wurde kurz darauf von der Polizei im „Goldenen Anker“ in der unteren Elisabethstraße, einem Treffpunkt türkischer Faschisten, festgenommen. Während die Kripo allerdings keine Hinweise auf einen politischen Hintergrund der Tat haben will, gilt der 25jährige Fehmi Kaki, der den tödlichen Schuß auf den Unbewaffneten abgab, bei türkischen und kurdischen Linken als stadtbekannter „Grauer Wolf“, Dealer und Zuhälter.
 
 

Die „Grauen Wölfe“ sind eine faschistische Terrororganisation, die für zahllose politische Morde verantwortlich ist und in der Türkei mehrere Massaker verübt hat. Spätestens seit dem Militärputsch von 1980 arbeitet sie eng mit dem türkischen Staat zusammen. In Deutschland können sie sich nahezu ungehindert betätigen. In Gaarden haben sie schon 1979 in der Jägerstraße ein Haus gekauft, daß sie seitdem als Treff nutzen. Lange Jahre prangte an dem Haus ihr Zeichen, ein heulender Wolf, inzwischen haben sie eine Moschee eingerichtet und halten sich etwas bedeckter.

Auch wenn über den dem Mord vorangegangenen Streit nichts Gesichertes bekannt ist, scheint es an den politischen Motiven keinen Zweifel zu geben. Ercan Alkaya war dem Täter als aktiver Alevit bekannt. Aleviten hängen einer sehr liberalen Richtung des Islams an und treten für die Trennung von Staat und Moschee ein. Sie sind daher türkischen Rechten suspekt und besonders in den letzten Jahren in der Türkei verstärkter Verfolgung ausgesetzt.
 

Der Alevitische Kulturverein und andere linke türkische und kurdische Gruppen haben nach der Tat am Ort des Geschehens eine Mahnwache organisiert, die mehrere Tage rund um die Uhr besetzt war. Am Samstag, dem 8.2. zogen mehrere Tausend Menschen von Gaarden in einem Protestzug in die Innenstadt. Die Polizei sprach von 4.000, was allerdings deutlich untertrieben sein dürfte.

Ein besonderes Kapitel stellt die KN-Berichterstattung über den Mord und die nachfolgende Demonstration dar. Während KN-Schreiberling „tim“ (Tim Holborn) zunächst einmal den Vorfall ohne weitere Recherche in die übliche Schablone steckte (Opfer Kurde, Täter Türke - in Wahrheit verhält es sich andersherum), dann mehrere Tage brauchte, um den politischen Hintergrund überhaupt nur zu erwähnen, läuft er im Vorfeld zu wahren rassistischen Glanzleistungen auf: Ohne jeden sachlichen Anhalt schreibt er die Gefahr von „Unruhen“ herbei. Kiel werde einen seiner größten Polizeieinsätze erleben, starke Polizeikräfte sollten den Demonstranten entgegengestellt werden. Nach der Demo scheint er denn ein wenig enttäuscht zu sein, weiß aber gleich, weshalb es ruhig blieb: Auch die letzten „Krawallmacher“ seien von dem Polizeiaufgebot eingeschüchtert worden, die Demonstranten hätten nicht auf die politischen „Einpeitscher“ gehört. (wop)