Feindliche Übernahme?

Nachdem bekannt geworden war, daß der Krupp-Hoesch Konzern mit Hilfe deutscher Großbanken den Thyssen-Konzern durch Kauf der Thyssen-Aktien übernehmen will, fanden spontane Demonstrationen der Stahlarbeiter statt, da befürchtet wurde, daß bis zu 30.000 Kollegen ihren Arbeitsplatz verlieren. Am 25.3.97 demonstrierten mehrere Zehntausend Kollegen vor der Deutschen Bank in Frankfurt. IG Metall-Chef Zwickel warf den Großbanken vor, „generalstabsmäßig“ (alleine das Übernahmegutachten hat die Banken 200 Mio. DM gekostet) „einen Kahlschlag bei den Arbeitsplätzen“ vorbereitet zu haben. Die Macht der Banken müsse „beschnitten werden.“

Aufgeregte Politiker sprechen von feindlicher Übernahme des Konzerns, obwohl es sich doch eigentlich um eine ganz normale Praxis kapitalistischer Geschäftspolitik handelt. Konkurrenz belebt eben nicht mehr das Geschäft, sie soll einfach zerschlagen werden. Auch wenn die Übernahme des Thyssen-Konzerns gescheitert ist, kommt es zur Kooperation (Fusion) beider Konzerne, ca. 6.600 Arbeitsplätze sollen „sozialverträglich“ wegrationalisiert werden. Es geht hier einzig und allein um das Profitinteresse der Stahlkapitalisten, der Großbanken und ihrer Aktionäre, auf Kosten der Arbeiterklasse und ihrer Familien. Der berechtigte Zorn der Stahlarbeiter richtet sich deshalb auch gegen die dahinter stehenden Banken.

Die Betriebsräte des Thyssen-Konzerns forderten in Duisburg den Vorstand auf, die Geschäftsbeziehungen zur Deutschen Bank und zur Dresdner Bank sofort abzubrechen. Viele Kollegen haben ihre Konten bei den beteiligten Banken gekündigt.

Die Bergleute haben gezeigt, wie man durch Druck der Straße berechtigte Forderungen gegen das Kapital und den Staat durchsetzen kann - auch wenn nicht alles erreicht wurde und mehr drin war. Denn es ging hier nicht nur um die Existenz der Bergleute und ihrer Familien, sondern auch um das Streik- und Demonstrationsrecht.

Keine reale Poltik - egal, ob sie auf regionale Wirtschaftskreisläufe oder andere ökonomische Konzepte setzt - kann sich zukünftig an der Frage nach der Verfügungsgewalt und Kontrolle über die Banken und ihr Kapital vorbeimogeln. Soll das vorhandene Bankenkapital zum gesamtgesellschaftlichen Nutzen verwendet werden, müssen die Vorstände und Geschäftsleitungen gezwungen werden, dieses entsprechend zu tun. Eine staatliche Bankaufsicht erweist sich, abgesehen von ihrer anders ausgerichteten Zielsetzung, unter den gegebenen gesellschaftlichen Bedingungen immer wieder als unzureichend.

Besonders bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang eine Aussage des reaktionären Chefökonomen der Deutschen Bank, Norbert Walter: „Wir müssen wieder der Religion nähertreten.“ Soll das Volk also wieder Religion als „Opium“ brauchen, um die Übel des Kapitalismus auf Erden erdulden zu können und sich auf ein Paradies im Jenseits zu vertrösten? (hg)