Kommentar:

Reich an Armen und Reichen

„Leistung muß sich wieder lohnen“, behauptet die Bundesregierung. Doch belohnt wird vor allem das Nichtstun, denn von allen Einkommensarten hat das Vermögenseinkommen (Zinsen und Dividenden) am schnellsten zugenommen. Immer mehr Menschen können deshalb von ihrem Vermögen leben, vorausgesetzt, daß dieses Vermögen von anderen „bedient“ wird. „Bedient“ wird dieses Vermögen insbesondere von den Zinszahlungen des Staates, Privatschuldnern und der „Dritten Welt“/Osteuropa.

Anders als die Rentner, die von den „Früchten“ ihrer früheren Arbeit den Ruhestand bestreiten, leben Rentiers von der Arbeit anderer. Die Zahl der Einkommensmillionäre hat sich 1982-1992 mehr als verdoppelt. (1983: 10.318, 1992: 24.975). Im gleichen Zeitraum hat sich auch die Zahl der Sozialhilfeempfänger von 2,3 Mio. auf 4,7 Mio. erhöht.

Die Reichtums- und Vermögenskonzentration hat in der Gesellschaft weiter zugenommen. 1988 verfügten die reichsten 10% der Bevölkerung über die Hälfte des Netto-Geldvermögens. Die 95 reichsten Deutschen besitzen genauso viel wie 17,5 Mio. deutsche Haushalte mit 41 Mio. Menschen!

Die für 1998/99 geplante „Steuerreform“ sieht eine Senkung des Spitzensteuersatzes vor. Hierdurch soll eine Nettoentlastung von bis zu 30 Mrd. DM erreicht werden, während gleichzeitig die Besteuerung der Arbeitslosenunterstützung, der Renten sowie von Lohnzusatzleistungen angekündigt wird. Außerdem plant die Bundesregierung weitere Kürzungen im sozialen Bereich, um die pünktliche Teilnahme Deutschlands an der gemeinsamen Währung EURO zu sichern.

In einem „gemeinsamen Wort“ stellten selbst die beiden großen christlichen Kirchen fest, daß die Sozialpolitik kläglich versagt habe. Wissenschaftler forderten Solidarität mit den Armen in der BRD. Doch die Herrschenden und ihre Politiker kümmert weder der „Zorn der Hirten“, noch der Appell der Wissenschaftler und Gewerkschaften. Sie setzen weiter auf kapitalistische Marktwirtschaft, soziale Härte und „dynamische Wirkung von Eigennutz und Ungleichheit“.

Und während die Diätenjäger und Tantiemen-Ritter selbst abkassieren, versuchen sie, die Bedürftigen und Armen zu Schmarotzern zu stempeln und ihnen Ehre und Würde zu nehmen. (hg)