Visumspflicht bestätigt

Trotz des heftigen Protests zahlreicher Immigranten-Organisationen, Flüchtlingsgruppen und Wohlfahrtsverbände stimmte der Bundesrat am 14. März der Visumspflicht für Kinder aus den ehemaligen Anwerbestaaten Jugoslawien, Tunesien, Marokko und der Türkei zu. Innenminister Kanther (CDU) hatte das internationale Jahr gegen Rassismus Anfang Januar mit einer Blitz-Verordnung eingeleitet, die 600 - 800.000 überwiegend hier geborene und aufgewachsene Kinder zwingt, sich ihr Aufenthaltsrecht bestätigen zu lassen.

Begründet wird das sowohl vom Bundesinnenminister als auch seinem niedersächsischen Kollegen Glogowski (SPD) perfider Weise mit dem Schutz der Kinder, die sonst als billige Arbeitskräfte und Drogenkuriere mißbraucht würden. Zuletzt waren etwas über 2.000 Kinder pro Jahr aus den genannten Ländern ohne Begleitung eingereist.

Eine vom Bundesrat durchgesetzte Abschwächung besteht darin, daß die bei den Ausländerbehörden gemeldeten Kinder ihre Aufenthaltsgenehmigung automatisch zugeschickt bekommen. Nichtgemeldete bekommen eine Frist bis zum Juni 1998.

Die SPD hatte versucht, die Verordnung nur auf Neueinreisende zu beschränken, die Grünen lehnten diesen Vorstoß der Bundesregierung gänzlich ab.

Schleswig-Holsteins SPD-Landesvorsitzender Willi Piecyk sieht sie daher in „unheiliger Allianz mit Kanther“. Nach seiner Lesart ist es die Schuld der Grünen, daß die Sozialdemokraten in Hamburg und Hannover zugestimmt haben. Die von den Grünen erzwungene „Nichtzustimmung“ der Koalitionsregierungen in Nordrhein-Westfalen, Hessen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein habe der Kanther-Verordnung letztlich in beiden Teilen zum Durchbruch verholfen. Der grüne Koalitionspartner sei dem „integrationsfreundlichen Kurs der SPD in den Rücken gefallen“. „Die SPD in Schleswig-Holstein hat sich in den letzten Wochen entschieden gegen den Teil der Kanther-Verordnung zur Wehr gesetzt, der die Aufenthaltsgenehmigung vorschreibt. Dagegen sollte dem Teil der Verordnung zugestimmt werden, der eine Visumspflicht für neueinreisende Kinder regelt“, beschreibt Piecyk die Position seiner Partei. Weshalb dann nicht einfach getrennte Abstimmung beantragt wurde, erklärt er allerdings nicht. (wop)