„Gäste auf Zeit“

Innenminister Wienholtz will Flüchtlinge aus Ex-Jugoslawien abschieben

Leider kein Aprilscherz: Zum Stichtag 1.4. will Innenminister Ekkehard Wienholtz die in Schleswig-Holstein lebenden Bürgerkriegsflüchtlinge aus Ex-Jugoslawien abschieben. Um sich die Hände selber nicht allzu schmutzig machen zu müssen, forderte Wienholtz die Flüchtlinge letzte Woche auf, ihm zuvor zu kommen und freiwillig zu gehen (was bisher etwa 200 Flüchtlinge taten): „Wer nicht freiwillig geht, muß damit rechnen, abgeschoben zu werden.“ Bürgerkriegsflüchtlinge seien „Gäste auf Zeit“, so der Abschiebeminister. Ausnahmen, sprich ein dauerhaftes Bleiberecht, könne es nur für wenige Härtefälle geben. Der innenpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Klaus Schlie, applaudierte: „Der Innenminister hat (...) endlich erkannt, welche Maßnahmen notwendig sind.“

Besonders infam sind Wienholtz‘ Pläne für die Abwicklung, die in zwei „Rückkehrphasen“ stattfinden soll, ab dem 1.4. und 1.5. Anders als bei sinkenden Schiffen müssen mit dem Beginn der „ersten Rückkehrphase“ zunächst Flüchtlinge ohne minderjährige Kinder gehen. Betroffen sind in S.-H. rund 900 Personen. Diese hätten „grundsätzlich die Möglichkeit, in Regionen zu gehen, wo sie jeweils der ethnischen Mehrheit angehören“, zitierte Wienholtz Angaben der Weltflüchtlingsorganisation. Offenbar scheint dem Minister sein Abschiebebeschluß aber doch nicht ganz geheuer. So empfiehlt er den Flüchtlingen, die nicht in ihre Heimatorte zurückkehren können, „Orientierungsreisen“. Die Flüchtlinge selbst sollen „alternative Rückkehrziele ausmachen“. Dies preist der Minister dann auch noch als besonders großzügiges Angebot an, das bereits über 500 Flüchtlinge angenommen hätten. Ferner warnt Wienholtz selbst vor einer „zu raschen und umfangreichen Rückkehr“. Man müsse „aktuell und flexibel auf die jeweilige Situation in Bosnien und Herzegowina Rücksicht nehmen“, um eine „Destabilisierung der Lage vor Ort“ zu vermeiden. Besonders „die Rückkehr von Bosniaken und Kroaten, aber auch von nicht erwünschten Serben aus der Republik Srpska“ (sprich eines großen Teils der Flüchtlinge) sei „problematisch“. Sie sollen zuletzt abgeschoben werden, wenn sie denn nicht freiwillig zurückkehren.

Von der Abschiebedrohung ausgenommen sind lediglich Flüchtlinge über 65 Jahre, die in der früheren Heimat keine Familien mehr haben, dies aber auch nur dann, wenn Angehörige mit dauerhaftem Bleiberecht in der BRD leben. Ebenso ausgenommen sind Personen, die als Zeugen für die Kriegsverbrecherprozesse in Den Haag geladen sind und dort auch aussagen wollen.

Derzeit leben noch ca. 3.800 Flüchtlinge aus Bosnien und Herzegowina in Schleswig-Holstein. Wer abgeschoben werden soll erhält nach Anhörung von der Ausländerbehörde eine „Ausreiseaufforderung mit einem Ausreisetermin“, der in der Regel drei Monate nach der Aufforderung liegen soll. Die Abzuschiebenden der ersten Phase haben inzwischen ihre Ausreiseaufforderungen erhalten. (jm)