KERNspalte

Am 26. April jährte sich zum 11. Mal die Explosion des ukrainischen Atommeilers Tschernobyl. Ministerin Merkel, bekanntlich zuständig für Reaktor-Sicherheit und nicht etwa die der Menschen, nahm das zum Anlaß, die Stillegung der übrigen noch in Tschernobyl laufenden Atomkraftwerke zu fordern. Was die Proliferationsexpertin unerwähnt ließ, ist, daß deutsche Firmen, allen voran Siemens, sich in Osteuropa die Hacken ablaufen, um die alten AKWs nachzurüsten, und so ihren Weiterbetrieb ermöglichen. Merkels Ministerium hat eigens hierfür ein Programm zur Förderung der „kerntechnischen Sicherheit“ aufgelegt, das noch bis 1998 läuft und insgesamt 350 Mio. DM kosten soll.

Auch Schleswig-Holsteins Energieminister Claus Möller ließ am Jahrestag von sich hören. Seine Regierung wolle so schnell wie möglich aus der Atomkraftnutzung aussteigen - natürlich nach Recht und Gesetz. (Ob er diese Formulierung aus den LDK-Beschlüssen der Grünen hat?)

Unterstützung von Atomkraftgegnern scheint dabei allerdings nicht erwünscht. Aktivisten aus der Umgebung des AKW Brokdorf haben anläßlich des letzten Brennelemente-Transports festgestellt, daß es, seitdem in Kiel SPD und Grüne koalieren, schwieriger geworden ist, an Informationen heranzukommen. In Brokdorf haben am 20.4. ca. 100 Menschen gegen den Transport abgebrannter Brennelemente protestiert. Ein Tieflader brachte den Atommüll ins nahegelegen AKW Brunsbüttel, wo er auf Waggons verladen wurde. Nun befindet er sich auf dem Weg zur Vervielfältigung in der britischen Wiederaufbereitungsanlage Sellafield.

Transporte aller Orten: Anfang 1998 will der brandenburgische SPD-Umweltminister Matthias Platzeck vier Castoren aus Rheinsberg nach Greifswald rollen lassen. In Rheinsberg wird ein altes DDR-AKW abgerissen. Der Müll soll im Zwischenlager Nord (ZLN) eingelagert werden, für das es noch keine endgültige Genehmigung gibt. Die brandenburgischen Grünen protestieren daher gegen Platzecks Pläne, da sie unnötig Genehmigungsdruck erzeugen und damit den Atomkurs der Bundesregierung unterstützen.

In Japan hieß es Mitte April mal wieder: „Für die Bevölkerung bestand zu keinem Zeitpunkt Gefahr“. Im Forschungsreaktor „Fugen“ war Tritium (schweres Wasser) ausgetreten und hatte 11 Arbeiter verseucht. Das war nach offizieller Zählung der dritte Störfall innerhalb von 18 Monaten. Die Betreiber hatten es allerdings nicht besonders eilig mit der Meldung. Die Behörden, daraufhin stutzig geworden, stellten bei der Prüfung der Unterlagen des AKWs fest, daß es 11 weitere Pannen gegeben hatte, die nicht gemeldet worden waren. (wop)