Frühjahrskonferenz der AKW-Gegner

Am vergangenen Wochenende trafen sich in Münster über 200 Vertreter von Initiativen gegen Atomanlagen aus der ganzen Bundesrepublik. Initiativen aus dem Osten waren allerdings kaum vertreten, obwohl auch dort einige Brennpunkte des Atomkonflikts liegen. So soll zum Beispiel demnächst in Greifswald in unmittelbarer Nähe zu einem Wohngebiet der Grundstein für einen Kernfusionsreaktor gelegt werden. In Lubmin bei Greifswald ist zudem ein riesiges Zwischenlager im Bau, außerdem wird es als möglicher Standort für einen EPR (Europäischer Druckwasserreaktor, ein noch in der Entwicklung befindlicher Meiler der nächsten Generation) gehandelt.

In einer Resolution wandte sich die Konferenz in scharfer Form gegen die Erpressungsversuche, die Gerhard Schröder Mitte Mai unternahm, um den SPD-Parteivorstand auf seine atomfreundliche Linie einzuschwören. Der Weiterbetrieb deutscher AKWs solle als ‘politischer Konsens’ verkauft werden. In einer weiteren Erklärung wurde die rot-grüne NRW-Landesregierung aufgefordert, der beantragten Kapazitätserhöhung der bundesweit einzigen Urananreicherungsanlage (UAA) im westfälischen Gronau nicht zuzustimmen. Sie müsse stattdessen sofort stillgelegt werden.

Siemensboykott

Das Treffen rief erneut zum Boykott aller Produkte des Siemens-Konzerns auf. Siemens trägt mit seinem umfangreichen Nachrüstungsgeschäft erheblich zur Verlängerung der AKW-Laufzeiten bei, nicht zu letzt in Osteuropa. Auf diesen Markt drängen die deutschen Kraftwerksbauer seit einigen Jahren mit aller Macht. Dort werden nicht nur alte AKWs mit Siemens-Technik ausgestattet, finanziert u.a. vom Umweltministerium mit dreistelligen Millionenbeträgen, sondern in Sosnovy Bor in der Nähe von St. Petersburg will der Konzern gar einen neuen Meiler bauen. Eine Greenpeace-Studie konnte unlängst zeigen, daß mit dem Kapital, das dort eingesetzt werden soll, wesentlich mehr Energie eingespart werden könnte, als das AKW produzieren wird.

Im slowakischen Mochovce will Siemens demnächst eine Neubauruine aus Vorwendezeiten zum Strahlen bringen; ein Exportgeschäft, das mit Hermesbürgschaften aus Steuergeldern gedeckt wird.

Internationale Gäste

Entsprechend der zunehmenden Internationalisierung der Atomwirtschaft nahmen an der Konferenz auch einige Gäste aus Frankreich, Weißrußland, den Niederlanden und der Tschechischen Republik teil. Aus Frankreich berichtete Jean-Yvone Landrac von der engen Verknüpfung zwischen militärischer und ziviler Nutzung. Eine von drei Wiederaufbereitungsanlagen, die in Frankreich sinniger Weise Plutoniumfabrik genannt werden, wird auch vom Militär genutzt, so daß man davon ausgehen könne, daß im südfranzösischen Marcoule auch aus deutschem Strahlenmüll Plutonium für Atombomben gewonnen wird.

Mit Le Carnet in der Nähe von Nantes (Bretagne) gibt es auch in Frankreich einen möglichen Standort für den EPR. Dort hat sich ein breites Bündnis aus linken Parteien, Gewerkschaften und Initiativen gebildet. Erst vor kurzem hat es in Nantes eine Demonstration mit rund 10.000 Teilnehmern gegeben. Laut Meinungsumfragen sind 85% der Franzosen gegen den Bau neuer Atomkraftwerke.

Camps und Aktionen

Langeweile wird im Sommer und Herbst bei den Atomkraftgegnern bestimmt nicht aufkommen. Zahlreiche Aktionen wurden in Münster geplant bzw. vorgestellt. Die Kampagne gegen Atomtransporte soll mit einer politischen Offensive in Krümmel Neckarwestheim und am Zwischenlager Ahaus (das Schröder als Alternative zur Gorlebener Castor-Scheune ins Spiel gebracht hat) fortgesetzt werden. Für den 6. und 7.9. sind Bahnaktionstage mit einer Sternfahrt per Wochenend-Ticket zum AKW Neckarwestheim geplant. Am 20. und 21.9. trifft man sich in Krümmel (siehe Artikel in dieser Ausgabe). Am 17. und 18. 10. gibt es dann Schienenaktionstage in Ahaus. Außerdem wird es den ganzen Sommer über zahlreiche Camps geben: in Garching (27.-30.6.), Temelin (Tschechien, gewaltfreies internationales Blockadecamp, 6.- 14.7.), Wendland (X-1000 mal quer, 30.7.-5.8.), Mallville (Schneller Brüter in Frankreich, 31.7.-2.8.), Ahaus (1.-3.8.), Morsleben (9.-17.8.), Wendland (17.- 31.8., vom 22.-24.8 gibt es ein Festival). Diese Aufzählung ist nicht vollzählig. (wop)