Alles neu macht der Mai?

Landesparteitag der Bündnis-Grünen

Große Schwierigkeiten hatten die Grünen am vergangenen Wochenende (24./25. Mai) auf ihrer Landesdelegiertenkonferenz (LDK) in Eckernförde bei der Neuwahl eines Landesvorstandes. Offensichtlich haben sie den unerhörten Sprung von der landespolitischen Bedeutungslosigkeit zur noch nicht verkraftet. Kurz nach der Billigung des Koalitionsvertrages vor über einem Jahr hatte sich die Landespartei als Korrektiv zur übermächtigen Landtagsfraktion einen „koalitonskritischen“ Landesvorstand gewählt, vier der sieben Vorstandsmitglieder gehörten zum „linken“ Flügel. Die Antipoden im Landesvorstand bildeten der Sprecher Klaus Müller aus Kiel und die Sprecherin Antje Jansen, Lübecker Anti-A 20 Kämpferin. Während Klaus Müller der Wortführer des koalitionsfreundlichen Lagers war, hatte Antje Jansen bei ihrer Wahl als Sprecherin angekündigt, „den Finger in die grünen Wunden der Koalition“ zu legen. Sie wolle die rund 40 Prozent der Grünen vertreten, die dem Regierungsbündnis skeptisch bis ablehnend gegenüberstehen.

Die Mehrheitsverhältnisse im Landesvorstand verschoben sich, als zwei Koalitionskritiker schon im Herbst/Winter entnervt ausschieden. Im November wurde im Landeshauptausschuß (LHA), dem höchtsten Gremium zwischen den LDK, ein Kompromiß erzielt. U.a. wollte sich der gesamte Vorstand auf einer LDK einer En-Bloque-Vertrauensabstimmung stellen. Dazu kam es nicht mehr. Im Vorfeld der LDK forderten KoalitionskritikerInnen aus den Reihen von „Basisgrün“, das einzeln abgestimmt werde. Dies nahmen drei Kreisverbände (Kiel, Neumünster, Pinneberg) zum Anlaß, den gesamten Vorstand zum Rücktritt aufzufordern, um eine „Schlammschlacht“ auf der LDK zu verhindern.

Darauf hin kündigten vier Vorstandsmitgliedern in einem Schreiben an, auf der LDK in Eckernförde zurückzutreten. „Wenn in den wesentlichen Fragen in die genau entgegengesetzten Richtungen gezogen wird, bleibt nur noch der Stillstand übrig“, heißt es in dem Schreiben von Klaus Müller, Monika Jacobs-Schilling sowie Schatzmeister Klaus Siebert an die Kreisverbände der Grünen. Auch die „Koalitionskritikerin“ Annedore Granz hatte den Brief unterschrieben. Eine erneute Kandidatur schlossen die Vorstandsmitglieder nicht aus. Antje Jansen polemisierte gegen die Rücktrittswilligen: „Wenn der Landesvorstand wirklich so schlecht gearbeitet hätte, wie sie behaupten, dann wäre es die Pflicht und Schuldigkeit eines jeden Vorstandsmitgliedes, zurückzutreten und nicht erneut zu kandidieren.“ Der angekündigte Rücktritt von Müller und Co. sei ein „taktisches Spielchen“, um sie loszuwerden.

Doch dieses „Spielchen“ sollte in Eckernförde nicht vollständig aufgehen: Zwei Wochen vor der LDK erhielten die KoalitionsbefürworterInnen auf einer LHA-Sitzung in Kiel eine herbe Abfuhr. Inhaltlich entzündete sich der Streit an den grünen Vorschlägen zur „Verwaltungsstrukturreform“, die u.a. eine Reduzierung der Personalkosten durch Stellenabbau vorsehen. Die Mehrheit im Landeshauptausschuß lehnte diesen Stellenabbau ab. Damit wurde ein wesentlicher Punkt aus dem Konzept der Reformkommission „gekippt“. Erst massivste Interventionen („Stellenabbau sind keine Entlassungen“) führten dazu, daß sich der LHA für eine Senkung der Personalkosten im Zuge der Verwaltungsreform aussprach.

In der Personaldebatte zeigte sich das Gremium nicht weniger widerspenstig. Die Forderung nach einer Neuwahl des gesamten Vorstandes in Eckernförde und damit verbunden die Aufforderung an Antje Jansen, zurückzutreten, wurde glatt abgeschmettert.

Klaus Müller wurde scharf attackiert. Susanne Hilbrecht aus Lübeck forderte Müller sogar auf, bei den Vortrandswahlen nicht wieder anzutreten. Auch Karsten Hinrichsen, prominenter Brokdorf Kläger, kritisierte Müller heftig.

Für die KoalitionsfetischistInnen stand am 24./25.5. Schadensbegrenzung auf dem Programm. In einer Tagesordnungsdebatte wurde das emotionsbeladene Thema „Energiewirtschaft“ (einschließlich Atomenergie) vom Programm gekippt, die zurückgetretenen Landesvorstandsmitglieder erklärten mit einer Ausnahme, nicht mehr kandidieren zu wollen. In der Aussprache vor der Vertrauensabstimmung forderten die meisten RednerInnen Antje Jansen auf, ihr Amt niederzulegen. In der folgenden Vertrauensabstimmung erreichte die Landessprecherin nur 47 von 112 Stimmen und trat nach einer kurzen Beratung mit ihren politischen FreundInnen von ihrem Amt zurück.

Die hektische, krampfhafte Suche nach neuen KandidatInnen für den Landesvorstand endete in einem Desaster. Von den sieben vakanten Vorstandsposten konnten nur fünf besetzt werden. Mit Monika Mengert und Peter Swane als SprecherInnen der Grünen wurden zwei Personen gewählt, die bisher auf der Landesebene keine wesentliche Rolle gespielt haben. Monika Mengert war bisher Sprecherin der LAG Energie, Peter Swane ist Sprecher der LAG Abfallpolitik. Den Rumpf-Vorstand kompletieren Anke Mai, Thomas Lange und der alte und neue Schatzmeister Klaus Siebert. Drei der fünf Vorstandsmitglieder sind LehrerInnen. (usch)