Die einen hetzen, die anderen zündeln

In der Nacht vom 24. auf den 25. Mai brannte in Lübeck die katholische St. Vicelin-Kirche nieder. Hakenkreuz-Schmierereien deuten daraufhin, daß die Täter in der regen Neo-Nazi-Szene der Travestadt zu suchen sind. Den Hintergrund der Tat bildet offensichtlich die Tatsache, daß ein Pastor einer anderen Gemeinde eine algerische Familie im Kirchenasyl aufgenommen hatte. Der Name des Pastors wurde zusammen mit besagten Hakenkreuzen an einer Wand der Kirche gefunden. Anfang Mai hatten Pastor Harig und seine Mariengemeinde den algerischen Flüchtlingen, die die Ausländerbehörde abschieben will, Asyl in ihren Räumen gewährt.

Das Lübecker Bündnis gegen Rassismus wies in einer Stellungnahme darauf hin, daß dieser neue faschistische Gewaltakt kaum verwundern könne. In vielen Leserbriefen zum Kirchenasyl habe sich zuvor eine rassistische Grundstimmung offenbart. Auch die CDU habe, in dem sie in law-and-order-Manier das Kirchenasyl als Rechtsbruch bezeichnete, erheblich zum rassistischen Klima beigetragen. Der CDU-Landtagsabgeordnete Thorsten Geißler hatte der Gemeinde gar vorgeworfen, sie würde den Rechtsstaat unterhöhlen.

Der Stadtteil St. Jürgen, in dem die Kirche stand, ist in letzter Zeit mehrfach Ort faschistischer Aktivitäten gewesen: Zum Jahrestags des Anschlags in der Hafenstraße wurde die St. Jürgens-Kapelle mit Hakenkreuzen beschmiert. Bereits zuvor war ein Brandanschlag auf ein türkisches Restaurant nur knapp vereitelt worden. Nicht geklärt sind bisher die Hintergründe eines Brandes in einem Studentenwohnheim, bei dem ein Mann ums Leben kam. Vor Brandausbruch waren die Namensschilder nicht-deutscher Bewohner beschmiert worden. Schließlich wurde im gleichen Stadtteil ein Brandanschlag auf das Haus Bischof Kohlwages verübt.

Täter wurden nach Angaben der Lübecker Antifaschisten bisher in keinem Fall ermittelt. Sie fragen sich, „ob die Staatsanwaltschaft ihre Energie allein auf die Verfolgung unschuldiger Flüchtlinge (Safwan Eid) richtet und bei der Ermittlung rechtsextremer Täter vollkommen untätig geworden ist.“

Am Sonntag, nur wenige Stunden nach dem Anschlag, marschierten 250 Neo-Nazis aus verschiedenen Gruppen wie der NPD und der Deutschen Liga für Volk und Heimat durch das nahegelegene Bad Segeberg. Beschützt von der Polizei. Auch im rot-grün regierten Schleswig-Holstein scheint dem Staat mehr an der Diffamierung aktiver Antifaschisten (siehe dazu den jüngsten Verfassungsschutzbericht) als an der Verfolgung und Unterdrückung faschistischer Terroristen gelegen zu sein. (wop)