Gewerkschaftsticker

Als erste Industriebranche öffnet die Chemie West ihren Tarifvertrag für Löhne und Gehälter. Nach zweitägigen Verhandlungen einigten sich Arbeitgeberverband und IG Chemie auf einen sog. „Entgeltkorridor“. Damit können Betriebe aus Wettbewerbsgründen (!)oder bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten die Löhne und Gehälter um bis zu 10% senken. Vorausgesetzt, der Standort wird gesichert und es werden für die Zeit der Kürzungen keine Entlassungen ausgesprochen.

Für IGM-Chef Zwickel ist die Tarifvertrags-Öffnungsklausel der Chemieindustrie kein Vorbild, da es schon genug Ausnahmeregelungen in den Tarifverträgen gibt. Außerdem warnte Zwickel, daß Öffnungsklauseln zu Wettbewerbszwecken mißbraucht werden könnten.

Die Beschäftigten im Bankgewerbe erhalten eine Einmalzahlung in Höhe von 300 DM. Ab Dezember werden die Gehälter um 2% erhöht. Außerdem wurde 100% Lohnfortzahlung und Verlängerung der Vorruhestandsregelung um ein Jahr vereinbart.

In Berlin demonstrierten mehrere tausend KollegInnen der BfA für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze. Einige Bundesländer möchten die Aufgaben der BfA auf die Landesversicherungsanstalten übertragen. Damit würden nach Angaben der ÖTV 13.000 Arbeitsplätze verloren gehen.

Nach dem Wahlsieg der französischen „Linken“ herrscht bei der deutschen Wirtschaft die Sorge um die weitere europäische „Stabilitätspolitik“. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) sowie der Bundesverband des Deutschen Industrie- und Handelstages (DIHT) warnten das „Linksbündnis“ davor, die Beschäftigungspolitik zu sehr in den Mittelpunkt zu stellen.

Scharfe Kritik an dem „Bündnis für Arbeit Ost“ übte der IG-Metall-Bezirksleiter für Berlin-Brandenburg und Sachsen, Hasso Düvel. Die Kritik richtete sich auch gegen DGB-Chef Schulte, dessen Unterschrift gleichbedeutend mit dem Einstieg in den Ausstieg aus dem Flächentarifvertrag sei. Die Krise-Ost werde benutzt, um gesamtdeutsch die Deregulierung der Tarifpolitik durchzusetzen. Der DGB-Chef nehme damit Positionen der Arbeitgeber ein. Das Ergebnis wären Betriebe und Regionen mit „Dumping-Löhnen“, da Betriebsräte wegen der Friedenspflicht immer erpressbar sind.

Auch die zweite Runde für die Beschäftigten in der Versicherungswirtschaft ist gescheitert. Ziel der „Tarifpolitik“ der Arbeitgeber ist die noch bessere Bedienung der Aktionäre durch höhere Dividenden. Deshalb soll der Tarifvertrag ausgehölt werden: Durch Senkung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle, Wegfall des Vorruhestands-Vertrages, Einführung neuer Einstiegsgruppen, Einfrieren der Ausbildungsvergütungen usw. Das Arbeitgeberprogramm steht unter dem Motto „Beschäftigungssicherung und -förderung“. Allerdings konnten sie die Wirkungsweise ihres Programms nicht nachweisen. O-Ton der Arbeitgeber: „Beschäftigungssicherung ist Glaubenssache!“

Im Baubereich konnte die 100% Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nicht durchgesetzt werden. In den ersten drei Tagen bleibt es bei den 80%. Außerdem werden in den ersten drei Tagen und von der dritten Woche an für jeden Tag vom 13. Monatsgehalt zwei Stundenlöhne, bis maximal 28 Stunden pro Jahr, abgezogen. Als Dank für die Zugeständnisse der Gewerkschaften wurden das 13. Monatsgehalt auf 77% (vorher 100%) und das Urlaubsgeld von 30% auf 25% gesenkt. (hg)