Berlins Staatsanwaltschaft jagt Hyper-LINKS

Die PDS-Politikerin Angela Marquardt wird wegen ihrer Homepage im Internet kriminalisiert

Am 3.6. durchsuchte die Berliner Staatsanwaltschaft die Wohnung der PDS-Politikerin Angela Marquardt wegen unerlaubter Veröffentlichungen im Internet. Der Sprecherin der „AG Junge GenossInnen“ der PDS wird vorgeworfen, gerichtliche Dokumente ins Internet eingespeist zu haben. Dabei gehe es um ein Schreiben einer Justizbehörde über eine Anhörung Marquardts in einem weiteren Ermittlungsverfahren gegen die Politikerin. Marquardt muß sich seit dem 6.6. vor Gericht verantworten, weil sie einen verbotenen Beitrag der Zeitschrift „radikal!“ im Internet über einen Verweis („Link“) auf ihrer Homepage zugänglich gemacht haben soll.

Nach Angaben der Staatsschützer wurde in Marquardts Wohnung der dort vermutete Internet-Anschluß nicht gefunden. Angela Marquardt wertete die Hausdurchsuchung in einer Erklärung als unverhältnismäßig und warf der Staatsanwaltschaft vor, sie im Vorfeld des europaweit ersten Internet-Prozesses einschüchtern zu wollen. Selbst wenn die Ermittler auf ihrer Festplatte eine strafrechtlich relevante Datei gefunden hätten, hätte dies nichts über deren Urheber ausgesagt, betonte Marquardt. Der PDS-Vorsitzende Lothar Bisky warf den Behörden wegen der Durchsuchung in einer Erklärung „Kopflosigkeit im Umgang mit den neuen Medien“ vor. Die Staatsanwaltschaft versuche, „die PDS anhand einer ihrer führenden Politiker zu diffamieren“.

Der rechtspolitische Sprecher der PDS, Michail Nelken, argumentierte: „Angela Marqardt soll für einen Link, eine elektronische Fußnote, die auf eine elektronische Quelle verweist, strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Der Unterschied zur Fußnote in einer Schrift besteht einzig darin, daß man hier durch Anklicken direkt via elektronischem Netz zur angegebenen Quelle kommt und nicht erst in Bibliotheken nach der angebenen Quelle suchen muß, um Sie zu studieren. Oder anders gesagt, kein Wissenschaftler und kein Journalist dürften zukünftig, ginge es nach den Berliner Staatsanwälten, eine Quelle angeben, wenn der Gegenstand ihrer Untersuchung mit strafrechtlich relevanten Tatbeständen in Zusammenhang stehen könnte. Also nicht nur eine Textwiedergabe aus Hitlers „Mein Kampf“ wäre dann strafbar, sondern allein schon der Hinweis auf dieses Buch mit einer Fundstellenangabe. (...) Es ist nicht einmal der Bote, der Überbringer, der hier für die ‘schlechte Nachricht‘ bestraft werden soll, wie dies im Medien- und im Teledienstegesetz unter bestimmten Bedingungen vorgesehen ist, sondern die Berliner Staatsanwaltschaft will den Wegweiser zur ‘schlechten Nachricht‘ bestrafen, ohne daß dieser die Botschaft kennen muß.“ (jm, nach Pressemitteilungen)