Privatisierungspläne für die MVA

Das Gerangel um die Zukunft der Kieler Müllverbrennungsanlage (MVA) geht weiter. Die Stadt plant offenbar eine möglicherweise sogar 100%ige Privatisierung der Dreckschleuder und hat dafür ein Gutachten bei der Landesbank in Auftrag gegeben. Zwei Konzerne sind an der MVA interessiert. Die RWE Entsorgung Nord GmbH (R.E.N.) möchte mit 49% Beteiligung an der MVA in das Müllgeschäft einsteigen, die VEBA Kraftwerke Ruhr AG (VKR) will die MVA sogar ganz kaufen.

Grund für die Verkaufspläne seitens der Stadt ist der Poker um die Müllgebühren. Wegen schrumpfenden Müllaufkommens (v.a. durch die immer weiter fortschreitende Trennung des Mülls in recyclebare Rohstoffe und auch kompostierbaren Müll) ist die MVA, die eine Verbrennungskapazität von jährlich 120.000 Tonnen hat, mit den 1997 voraussichtlich nur etwa 95.000 Tonnen nicht ausgelastet, was die Gebühren nach oben treibt, von bisher 455 DM/t auf im nächsten Jahr womöglich über 500 DM/t, wie Umweltdezernent Erich Schirmer (SPD) prognostiziert. Schirmer meint, daß eine Privatisierung oder „Kooperation mit einem privaten Partner“ die Müllgebühren senken könnte, wenn dieser sich verpflichte, die MVA voll auszulasten. Da dies mit dem allein in Kiel anfallenden Müll nicht möglich ist, wäre die Folge ein Ansteigen des Mülltourismus.

Die Ratsfraktion der Bündnisgrünen reagierte kritisch auf die Privatisierungspläne. Mit der Angebotsprüfung dürfe „keine Weichenstellung“ erfolgen, sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Lutz Oschmann in einer Pressemitteilung. Für die Grünen sei eine Privatisierung, bei der die Stadt die Steuerungsmöglichkeiten der Abfallpolitik verlöre oder bei der die Wiederinbetriebnahme des 3. Kessels Bedingung wäre, indiskutabel. Bei der notwendigen Reduzierung der Abfallgebühren sei „das Modell mit den niedrigsten Gebühren nicht auch (...) das umweltgerechtere“, sagte Oschmann.

Vielmehr wollen die Grünen prüfen lassen, die MVA-Kapazität in eine Kooperation mit der Nordregion Schleswig-Holsteins einzubinden. Grundlage für dieses Alternativmodell sei ein von der K.E.R.N.-Region in Auftrag gegebenes Gutachten zu „Varianten der Restabfallentsorgung in der Nordregion“, das bereits seit Mitte April vorliege. (jm)