Iran:

Hinrichtungswelle droht

Im Iran nimmt nach den Präsidentschaftswahlen die politische Repression zu. Wie verschiedene oppositionelle Gruppen berichten, ist am 6.6. ein Teil der politischen Gefangenen in einen unbefristeten Hungerstreik getreten. Die Aktion, die im Adel-Abbad Gefängnis im südiranischen Schiraz begann, breitete sich schnell über die großen Haftanstalten des Landes aus. In Tabris beteiligten sich von 2.000 über die Hälfte.

„Gegenwärtig sieht die Situation im Gefängnis Adel-Abbad in Schiraz so aus, daß nach Beginn des Hungerstreiks der Druck auf die Häftlinge nochmals gewachsen ist“, hieß es am 12.7. in einem Bericht, den iranische Oppositionelle in der Bundesrepublik verteilten. „Nachdem sie bedroht und gefoltert wurden, mußten die Streikenden drei Tage und Nächte lang Augenbinden tragen und auf dem Fußboden schlafen. Wer sich weigerte, den Hungerstreik abzubrechen, bekam für jede verweigerte Mahlzeit 20 Peitschenhiebe. Vom vierten Tag an kamen alle Beteiligten in Einzelhaft, wurden verhört und gefoltert. Einige der Hungerstreikenden wurden an unbekannte Orte gebracht.“

Mehrere Häftlinge sind inzwischen an den Folgen des Hungers und der Folter gestorben, darunter der 23jährige Kamran Jazdani, der Mitglied der Organisation der revolutionären Arbeiter des Irans (ORWI) war.

Die Aktion der politischen Gefangenen ist u.a. auch Antwort auf eine befürchtete neue Hinrichtungswelle. In den vergangene Monaten sind vier Mitglieder von ORWI und drei der Volksfedajin (Minderheit) hingerichtet worden. Gegen drei weitere wurden Todesurteile verhängt. Die Prozesse, in denen politische Häftlinge abgeurteilt werden, gleichen einer Farce, wie iranische Flüchtlinge berichten. Die Beschuldigten bekämen keinen Verteidiger. Ein Shariha-Richter, d.h. ein Geistlicher, übernehme die Rollen von Ankläger, Verteidiger und Richter in einer Person.

1988 waren Tausende Mitglieder und Anhänger linker Organisationen in solchen „Gerichtsverfahren“ zum Tode verurteilt und hingerichtet worden. Die Angaben reichen von 6.000 bis 15.000 Menschen, die in einer international kaum beachteten Hinrichtungswelle im Auftrag der Mullahs ermordet wurden. Das Regime reagierte damit seinerzeit auf wachsende innenpolitische Schwierigkeiten nach dem Ende des ersten Golfkriegs.

Iranische Oppositionelle befürchten nun eine Wiederholung, da das Regime mit zunehmendem Unwillen in der Bevölkerung zu kämpfen hat. Bei den Präsidentschaftswahlen war der Wunschkandidat der Mullahs, Parlamentspräsident Nuri, durchgefallen. Kahtami, ebenfalls ein geistlicher Würdenträger, hatte die Wahl überraschend eindeutig mit liberalen Versprechungen gewonnen.

Auch in iranischen Betrieben spüren die Arbeiter die Repression. Wie das „Komitee zur Verteidigung der Meinungs-, Gedanken und Versammlungsfreiheit und des freien Wortes im Iran“ mitteilt, sind in letzter Zeit in verschiedenen Fabriken oppositionelle Arbeiter vom Geheimdienst verhaftet worden. Auch die 2.000 Mitte Februar in Teheran bei einer Kundgebung festgenommenen Ölarbeiter befinden sich noch in Haft. Fünf oder sechs von ihnen wurden zwischenzeitlich hingerichtet.

Die Bundesregierung hält das alles nicht davon ab, weiterhin gute Beziehungen zum Iran zu pflegen. Am Rande des Berliner Mikonos-Prozesses wurde bekannt, daß sich die Zusammenarbeit sogar auf die Geheimdienste erstreckt. So wandert offenbar zumindest ein Teil der Informationen, die aus der Anhörung von Asylbewerbern gewonnen werden, an den Teheraner Geheimdienst weiter. Die Flüchtlinge müssen, um Asyl zu bekommen, den deutschen Behörden offenlegen, in welchen Organisationen sie gearbeitet haben, und werden auch zu deren innerem Aufbau befragt. (wop)

Protestfaxe an: Iranische Botschaft 0228-374282