Innovationsfreunde

Günther Hobert ist sauer. „Wir werden hier vor vollendete Tatsachen gestellt”, schimpft er dem taz-Reporter ins Mikrofon. Der Mann ist CDU-Ortsvorsteher im hessischen Iba, einem Vorort Bebras. Er bekommt gerade am eigenen Leibe jene Zustände zu spüren, die Deutschlands oberster Kinderprügler (Herzog) und sein Plagiator von der Leine meinen, wenn sie innovationsfreundliche Bedingungen fordern.

Hobert ärgert sich über das Vorgehen des US-Chemiekonzerns Monsanto und der Bundesbehörden. Monsanto ist eben jenes Unternehmen, das die europäischen Verbraucher im letzten Jahr erstmalig mit genmanipuliertem Soja beglückte, das europäische Importeure in Futtermittel und Nahrungsmittel unterrührten. Doch darum geht es dem Christdemokraten nicht, sondern darum, daß der Konzern in seinem Dorf noch in diesem Jahr genmanipulierten Raps aussäen will.

Der Gemeinderat wurde darüber erst informiert, als die Genehmigung schon erteilt war. Nach einem neuen „vereinfachten Verfahren” geht das nämlich. Bisher mußten die Antragsunterlagen vor der Genehmigung für die Bürger zur Einsicht ausliegen. Jetzt kann ein Unternehmen, ist ein Freisetzungexperiment einmal genehmigt, einfach Nachfolgeanträge stellen. Das Robert-Koch-Institut in Berlin entscheidet dann ohne jede Bürgerbeteiligung. Schnell und unbürokratisch, eine Richtlinie der EU-Kommission macht es möglich.

Bundesregierung und sozialdemokratische Opposition, der Verband der Chemieindustrie, BDI und BDA, Kraftwerksbauer und wie die Innovationsfreunde, die sich so gerne über die „deutsche Technikfeindlichkeit” beschweren, alle heißen mögen, können sich sicher noch manch andere Gelegenheit vorstellen, für die sie gerne derartig innovative Richtlinien hätten. Und wenn es aus Brüssel kommt, hat es ja noch den unschätzbaren Vorteil, daß man seine Hände in Unschuld waschen kann. (wop)