Keine Brücke für den „Abschaum“?

Pläne für die Neugestaltung des Bahnhofsumfelds

In den Überlegungen zur Veränderung des Ehmsenplatzes, des Gebietes rund um den Sophienhof und am Bahnhof ist der Stadtbaurat Flagge nun auch mit Interessen der Bahn AG konfrontiert. Wie LinX berichtete, plant das Centermanagement des Sophienhofs die Übernahme der Fußgängerbrücke über das Sophienblatt zum Hauptbahnhof, u.a. um dort das Hausrecht zu erhalten und so gegen mißliebige „Elemente“, die den Konsumverkehr über die Brücke stören, vorgehen zu können. Im Gegenzug für die Übernahme der Brücke soll die Stadt einer Expansion des Sophienhofs Richtung Lerchen- und Hopfenstraße zustimmen.

Nun kommt auch die DB AG ins Spiel, die den Hauptbahnhof und die umliegenden Flächen umbauen will. Nach deren Plänen, soll die Brücke nicht mehr direkt in den Hauptbahnhof führen, „um keine wertvollen Nutzflächen zu verlieren oder schwer kontrollierbare Zonen neu entstehen zu lassen“, wie Flagge die Interessen der DB AG in einer geschäftlichen Mitteilung an den Rat kolportierte. Problem: Mehrere Architekten sind am Werk, sowohl seitens der Bahn als auch im Auftrage des Sophienhofs, und die Pläne müssen abgestimmt werden. Der Stadtbaurat hofft in seiner Mitteilung auf ein „einvernehmliches Ergebnis“. Nach entsprechenden Verhandlungen könnte der endgültige Entwurfsbeschluß des Bebauungsplanes vom Rat beschlossen werden, dies wiederum als Grundlage für weitere Vertragsverhandlungen. Dabei drängt die Zeit, denn die DB AG will den Umbau bis zum 100. Jubiläum der Deutschen Bahn Mitte Juni 1999 abgeschlossen haben.

Aber was geschieht mit der Brücke? Flagge hatte in einer Beschlußvorlage zu Neugestaltung und Umbau des Hauptbahnhofes den „Brückenabbau im Zuge des Platzumbaus“ beantragt. Unklar ist jedoch dann die Querung des Sophienblattes, wie Ratsherr Wunder (CDU) feststellte. Flagge entgegnete, daß die DB die Brücke nicht mehr haben wolle und per Hausrecht sowieso das Recht habe, einen Zugang zum Bahnhof über die Brücke zu verhindern. Der Antrag wurde zur weiteren Beratung in die Ausschüsse verwiesen.

Hinzu kommt, daß die DB AG einen Ausbau der Gewerbeflächen im Bahnhof von derzeit 1.200 qm auf 3.500 qm plant (u.a. einen SB-Markt unter den Gleisanlagen). Dagegen gibt es Bedenken des Einzelhandels, der eine unliebsame Konkurrenz befürchtet, namentlich der nahegelegene Sophienhof. CDU-Ratsherr Lindner nahm diese Bedenken „sehr ernst“. Die CDU-Fraktion stelle aber ihre Bedenken zugunsten einer „Aufwertung des Bahnhofs“ zurück. In der Septembersitzung des Bauausschusses soll näheres beschlossen werden, insbesondere die Vorplatzgestaltung am CAP.

Die Interessen der DB AG sind jedoch jetzt schon mehr als deutlich. Sie will einen Hochglanzbahnhof ohne den sozialen „Abschaum“, der sich derzeit in und rund um den Bahnhof versammelt. Konsum ist Trumpf, den „schwer kontrollierbare Zonen“ stören könnten. Darin dürften sich die Bahnhofsvermarkter mit dem Sophienhof-Management einig sein. Und die Stadt erweist sich wiedermal als williger Erfüllungsgehilfe, der seine Aufgabe lediglich in der Vermittlung zwischen den leicht unterschiedlichen Interessenlagen zweier Konsumtempel sieht. (jm)