Neoliberalismus in der SPD

Kieler SPD will SozialhilfeempfängerInnen an den Kragen gehen

Auf ihrem Kreisparteitag am Wochenende ist die Kieler SPD von wichtigen Fundamenten ihrer bisherigen Sozialpolitik abgewichen. Damit setzte sich der neoliberale SPD-Flügel unter OB Gansel durch. SozialhilfeempfängerInnen soll – wie es in einem verabschiedeten Positionspapier heißt – eine sog. „planvolle Beschäftigung gegen Mehraufwandsentschädigung” zugemutet werden. Der im Ursprungstext erhaltene Zusatz „freiwillig” wurde gestrichen. OB Gansel führte aus, daß „jede Arbeit, die der Gemeinschaft dient, verlangt werden kann. Arbeit schändet nicht”. Der unterlegene, noch sozialdemokratische Flügel der SPD unter dem Kreisvorsitzenden Rolf Fischer kritisierte: „Nicht jede Arbeit ist gut, es kommt darauf an, qualifizierte Arbeit anzubieten”. Auch Fraktionsvorsitzender Eckehard Raupach kam mit seinem Kompromißvorschlag, „freiwillige” Beschäftigung im Positionspapier durch die Formulierung „insbesondere freiwillige” abzuschwächen, nicht durch.

Zusätzlich steht seit dem Wochenende die Rahmendienstvereinbarung für die Beschäftigten der Pflegedienste zur Disposition. Ohne Diskussion wurde auf Gansels Wunsch der Passus, welcher den Bestand der Rahmendienstvereinbarung garantieren sollte, gestrichen. Innerhalb der Kieler SPD hat sich nun auch der Privatisierungswahn endgültig eine Mehrheitsposition verschafft: Ein Verkauf von KWG-Anteilen ist kein Tabu mehr.

Postwendend kritisierte die Fraktion B 90/Die Grünen – Koalitonsparnerin im Rat – die Beschlüsse der SPD: „Statt Verpflichtung zu gemeinnütziger Arbeit muß es darum gehen, SozialhilfeempfängerInnen in beruflich-qualifizierende Maßnahmen zu bringen, sie für den 1. Arbeitsmarkt fit zu machen und ihnen vor allem die Perspektive sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung zu eröffnen”, so Gabi Reimann, sozialpolitische Sprecherin der Fraktion

Allerdings wird sich die Kreis-SPD durch eine Stellungnahme des „Koalitionspartners” kaum umstimmen lassen, zumal die Bundespartei in ihren neuen Wirtschaftsthesen ebenfalls Leistungskürzungen bei „arbeitsunwilligen” SozialhilfeempfängerInnen fordert.

Spätestens dann, wenn die Rathaus-SPD sich anschickt, die Beschlüsse der Kreis-SPD umzusetzen, sollte sich für die Bündnis-Grünen die Frage stellen, ob ein Verbleib in der „rosa-grünen” Koalition noch opportun ist.

(usch – nach Presseveröffentlichungen)