Die vorhandene Arbeit muß auf alle ArbeitnehmerInnen verteilt werden

Der Zusammenhang zwischen Arbeitslosigkeit und Arbeitszeit muß ein zentrales Thema des kommenden Bundestagswahlkampfs werden. Diese Forderung erhob der Vorsitzende der IG Medien, Detlef Hensche. Bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit sei ein Weg unverzichtbar, so Hensche: die Umverteilung der Arbeit. „Besonders unvernünftig ist das Drängen auf allgemeine Arbeitszeitverkürzung, ... das grenzt an Volksverdummung“ (Frankfurter Institut, Kronberger Kreis), so argumentieren dagegen die Arbeitgeber und ihre politischen Vertreter von CDU/CSU und FPD.

Die 1984 vereinbarten Arbeitszeitverkürzungen hatten rund eine Millionen Arbeitsplätze geschaffen. (Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit). Die von allen ArbeitnehmerInnen (Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigte) geleistete durchschnittliche Jahresarbeitszeit betrug 1996 1.575 Stunden. In den neuen Bundesländern entwickelte sich die durchschnittliche Jahresarbeitszeit von 1.704 Stunden (1994) bzw. 1.671 (1995) auf 1.650 Stunden (1996) im Jahr, während in Westdeutschland die Arbeitszeitverkürzung in kleineren Schritten – 1994 1.579, 1995 1.563 und 1996 1.558 Stunden/Jahr – verlief. Allerdings verstärken sich in letzter Zeit die Tendenzen zur Arbeitszeitverlängerung, z.B. durch vereinbarte „freiwillige“ Verlängerung der wöchentlichen Arbeitszeit in einigen Tarifverträgen sowie durch den Wegfall von Umzugs- und Behördentagen im öffentlichen Dienst. In diesem Zusammenhang sind auch Vorschläge zur weiteren Verlängerung der Lebensarbeitszeit durch Heraufsetzung des Renteneintrittsalters zu sehen.

Die tariflich vereinbarte Wochenarbeitszeit beträgt in Westdeutschland 37,5 Stunden, während die KollegInnen in den neuen Bundesländern zwei Stunden länger arbeiten müssen. Bei einer Angleichung der Wochenarbeitszeit könnten etwa 130.000 Arbeitsplätze geschaffen werden, allerdings müßte dies in einem Schritt geschehen. Bei einer Verkürzung der Wochenarbeitszeit um 10% in der gesamten Wirtschaft könnten rechnerisch 3,5 Millionen Arbeitsplätze geschaffen werden (Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik).

Eine weitere Form der Arbeitszeitverkürzung, in der Regel ohne Lohnausgleich und mit einer Stundenzahl unterhalb der jeweiligen betriebs- oder tariflichen Branchennorm, ist die Teilzeitarbeit. Wobei hier besonders Frauen betroffen sind. In den alten Bundesländern arbeiten 6,3% der Beschäftigten in Teilzeit, in den neuen Bundesländern sind es 40%.

Ein Fünftel aller ostdeutschen und ein Sechstel aller westdeutschen Arbeitnehmer, Überstunden sind Männerdomäne, arbeiten länger als 45 Stunden. 1995 wurden in Deutschland 4,3 bis 4,5 Milliarden Überstunden geleistet. Nach einer Modellrechnung könnten unter Berücksichtigung nicht abbaubarer Überstunden (2.687 Mio.), davon in Freizeit abgegoltener Überstunden (1.045 Mio.), 1.643 Mio. Überstunden neu verteilt werden. Das würde eine Mehrbeschäftigung von ca. 1 Mio. ArbeitnehmerInnen bringen.

Fazit: Durch allgemeine Arbeitszeitverkürzungen und Abbau von Überstunden können neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Allerdings dürfen diese nicht durch Lohnverzicht, wie bei der Entgeltfortzahlung, erkauft werden. Lohnverzicht schafft keine neuen Arbeitzplätze, das hat die radikale Umverteilung des „Volkseinkommens“ zu Lasten der ArbeitnehmerInnen in den letzten Jahren deutlich gezeigt. (hg)