EWF soll bleiben

Die öffentlichen Überlegungen der Landesregierung, die LehrerInnenausbildung an der der Uni Kiel angegliederten Erziehungswissenschaftlichen Fakultät (EWF) zu einem erheblichen Teil (Grund- und Hauptschulausbildung komplett, Sonderschulpädagogik und Realschulausbildung teilweise) an die Bildungsuniversität Flensburg zu verlagern, lösten vor drei Wochen großen Wirbel aus, nicht nur bei den Betroffenen. Auch auf der Ratssitzung vom 18.9. waren die Pläne Thema. Von allen Ratsfraktionen wurde eine gemeinsame Resolution eingebracht, in der die Ratsversammlung sich gegen die Verlagerung ausspricht. „Eine Aufsplitterung der Lehrerausbildung auf zwei Standorte würde eine Zerschlagung der EWF der CAU bedeuten und wäre bildungspolitisch falsch. Kiel ist mit den Unikliniken, der technischen Fakultät und der Fachhochschule wichtigster Hochschulstandort in Schleswig-Holstein – und muß es auch zukünftig bleiben“, heißt es zur Begründung. Der Ortsbeirat Ravensberg/Brunswik/Düsternbrook sah durch die mögliche Verlagerung gar die Volluniversität gefährdet, nebst nachteiligen Auswirkungen für die Infrastruktur des Stadtteils. Es gelte, „durch den Erhalt der Volluniversität den Metropolencharakter der Stadt Kiel zu erhalten und die Stadt nicht als 'Subventionsregion' verkommen zu lassen“, so die vollmundige Vorlage für den Rat.

Ratsherr Albrecht Kempe (SPD) ging mit seinen ParteifreundInnen im Landeshaus scharf ins Gericht. Die Entscheidung (zunächst handelt es sich lediglich um Pläne – die Red.) bedeute für ihn einen „bildungspolitischen Offenbarungseid“. „Wir sind am Nerv getroffen.“ Es gehe bei diesen Plänen lediglich darum, den Standort Flensburg strukturpolitisch zu stärken. Vor allem mit letzterer Äußerung läutete Kempe eine Folge von Tiraden gegen Flensburg ein. Klaus-Peter Kramer von der CDU-Fraktion meinte, Flensburg sei wegen der wenigen Ausbildungsschulen ein denkbar schlechter Standort für die LehrerInnenausbildung. Ein „schlechter Standort“ solle „künstlich am Leben erhalten werden“. Dem konnte nur noch die SUK eins draufsetzen. Bernd Petersen sah das Damoklesschwert der „Zerschlagung der hochschulpolitischen Landschaft“ über Kiel schweben. Falls sich die BU Flensburg als nicht überlebensfähig erweisen sollte, übernehme Kiel gerne ihre Funktion.

Schien die Debatte somit im einhelligen Lokalpatriotismus Kiel contra Flensburg zu versickern, traute sich dann jedoch der SPD-Ratsherr Volker Kratzat, eine Gegenmeinung zu artikulieren. Er sei für den Standort Flensburg, denn die BU Flensburg kämpfe um ihre Existenz, nicht die CAU, die durch den Abzug einiger Lehramtsstudiengänge nicht in Gefahr sei. Abgesehen von Kratzat, der sich als einziger bei der sonst einstimmigen Abstimmung der Resolution enthielt, folgte der Aufschrei der versammelten Fraktionen wie schon bei der Debatte um die Marine- und Bundeswehrstandorte allzu deutlich nur dem St. Floriansprinzip: Herr, schließe andere Standorte, laß unseren leben.

Daß die Pläne im Bildungsministerium allerdings auch nicht gerade an Sachargumenten orientiert sind, ist ein offenes Geheimnis. Die regierende SPD fürchtet bei einer Schließung der BU Flensburg in der Region herbe Stimmenverluste bei der nächsten Landtagswahl. Die EWF wäre somit lediglich ein Bauernopfer, um weiter im Norden wahlpolitisch am Ball zu bleiben.

Wesentlich differenzierter als die Ratsherren und -damen sieht man die Lage an der EWF selbst. In einer Resolution der MitarbeiterInnen, die sich verständlicherweise für den Verbleib der entsprechenden Teile der LehrerInnenausbildung in Kiel ausspricht, fordert man eine Entscheidung „auf dem Hintergrund von bildungspolitischen und hochschulpolitischen Sachargumenten“ und Planungssicherheit. Erst vor drei Jahren hatten sich Landtag, Regierung und Universität in breitem Konsens für die Einrichtung der EWF ausgesprochen. Eine politische Entscheidung „von der hiermit verbundenen Tragweite“, so die Resolution zu den Plänen der Regierung, sei „ohne wissenschaftliche Evaluation“, sprich eine objektive Ermittlung der wissenschaftlichen Qualität der Ausbildung in Kiel bzw. Flensburg, „nicht vertretbar“. Zu denken geben sollte, so die Resolution weiter, daß allein die Kosten für die Umlegung der betroffenen Studiengänge sich auf 80 bis 120 Mio. DM belaufen würden, was nicht gerade zur Haushaltskonsolidierung beitragen dürfte. Daß es der Landesregierung aber um etwas ganz anderes geht, wie oben angedeutet, wissen offenbar auch die EWFler. Es dürfe nicht „aus regionalpolitischen Gründen eine bildungspolitisch verhängnisvolle und auch wirtschaftlich nicht zu verantwortende Entscheidung“ getroffen werden. (jm)