KERNspalte

Mit der Ruhe um die Atommülltransporte ist es nun wirklich endgültig vorbei. Am 24. blockierten in Magdeburg Atomkraftgegener einen Transport ins Endlager Morsleben, das die BRD von der DDR geerbt hat. Der Morslebener Salzstock ist derzeit das einzige deutsche Endlager für schwach und mittelradioaktiven Abfall, der dort einfach lose in den Salzstock gekippt wird. Die „antiatomaktuell“ berichtet, daß in dem Endlager zwanzig Stellen bekannt sind, an denen Wasser austritt. In einem Fall ist nachgewiesen, daß das Wasser aus darüber liegenden Schichten (dem sog. Deckgebirge) stammt. Auf Deutsch: Ein Kontakt mit dem Grundwasser kann nicht ausgeschlossen werden. Das hielt das Bundesamt für Strahlenschutz nicht davon ab, eine Ausweitung der Lagerkapazität von 35.000 Kubikmeter auf 170.000 zu beantragen. Nach dem Bergrecht, versteht sich, denn das schließt eine Beteiligung der Öffentlichkeit aus. Nach dem Atomrecht wäre Morsleben sowieso nicht genehmigungsfähig. Die derzeitige rechtliche Grundlage des Endlagers ist der Einigungsvertrag, der einen Betrieb bis zum Jahre 2000 vorsieht. Die Bundesregierung möchte diese Frist mit der Novelle des Atomgesetzes um fünf Jahre verlängern.

Die Magdeburger Landesregierung sieht in diesem Vorhaben eine Änderung des Einigungsvertrags. Dies sei aber nur mit der Zustimmung aller neuen Länder möglich, die die Bundesregierung nicht meint, einholen zu müssen. In Sachsen-Anhalt bereitet daher die grüne Umweltministerin Heidrun Heidecke eine Verfassungsklage vor. Zunächst soll die Novelle aber noch in Bundesrat und Bundestag beraten werden. Die Länderkammer hatte sich entgegen der Rechtsauffasung der Bundesregierung mehrheitlich für zuständig erklärt. Auch andere Länder – darunter Schleswig-Holstein – erwägen den Gang nach Karlsruhe.

Am gleichen Tag wie in Magdeburg wurde auch in Saarbrücken ein Transport mit Strahlenmüll blockiert. 40 Atomkraftgegner aus dem Saarland, Rheinland-Pfalz und Frankreich setzten sich auf die Schienen, um einen Castor-Zug aufzuhalten, der abgebrannte Brennelemente vom AKW Grafenrheinfeld zur Vervielfachung in die Wiederaufbereitungsanlage (WAA) La Hague bringen sollte. Der Transport war zuvor bereits in Darmstadt von Umweltschützern gestoppt worden. Im Saarland war erst Anfang diesen Jahres ein Zug mit Castor-Behältern entgleist.

Deutschlands (inzwischen) einziger Atomkraftwerksbauer Siemens feiert am 12.10. sein 150jähriges Bestehen. Für die Siemens-Boykott-Kampagne ist das Anlaß, auf die Rolle des Konzerns beim weiteren Ausbau der Atomenergienutzung hinzuweisen. U.a. ist Siemens in Ausrüstung und Weiterbau osteuropäischer Meiler sowie in der Entwicklung einer neuen Kraftwerkslinie (EPR) engagiert. Am 11.12. wird es daher in Berlin eine Anti-Siemens-Demonstration geben. Die Veranstalter erinnern auch daran, daß der Siemens-Konzern im Faschismus in Kooperation mit der SS massenweise Zwangsarbeiter ausgebeutet hat, deren Entschädigung bis heute verweigert wird. (wop)