Kommentar:

Innere Unsicherheit

„Warum wird der Einbrecher nicht gefaßt?“ „Warum kriegt der Mörder so leicht Freigang?“ Großplakatig und flächendeckend fragt sich dies derzeit die BILD-Zeitung. Motto: „Bild‘ Dir Deine Meinung!“ Leider ist diese „Werbeaktion“ nicht als eine weitere Entgleisung von Springers Volksverhetzer zu verbuchen. Nein, BILD trifft damit die Stimmung im Lande.

Die hat auch Kiels grüne Ratsfraktion erfaßt. O-Ton Pressemitteilung: „Nach der Devise ’Mehr Grün auf die Straße‘ sollten (...) BGS-Kräfte die Kieler Polizei im Streifendienst verstärken, um das Sicherheitsgefühl der Einwohnerinnen und Einwohner zu unterstützen.“ Schließlich werde allenthalben der Ruf nach mehr Streifen zu Fuß und auf dem Fahrrad laut.

Zu solcherlei fällt einem eigentlich nur noch eines ein: „Kein Kommentar!“ Was hier für sich spricht, hat eine große Koalition von Kanther, Schröder, Voscherau, ihren angehörigen Parteien und offenbar nun sogar schon des Grünzeugs aus der Ökopartei stabsmäßig vorbereitet wie einst die sog. „Asyldebatte“. Stimmungsmache, Schüren von Ängsten in der Bevölkerung, um dann irgendwann einen weiteren Pfeiler der sog. „Freiheitlich demokratischen Grundordnung“ schleifen zu können. Daß man sich mit dem Gewese um die „Innere Sicherheit“ auch rhetorisch um nichts mehr von der BILD-Zeitung unterscheidet, davon gibt eingangs Zitiertes beredtes Zeugnis. Fakten spielen keine Rolle mehr. Daß es keine verläßliche Kriminalstatistik gibt, die die Behauptung beweisen könnte, Kriminelle vom internationalen Drogendealer bis zum Ladendieb würden „Deutschland“ gefährden, ist egal. Egal ist auch die Feststellung, daß „objektive Gefährdung“ und „subjektives Sicherheitsgefühl“ der Bevölkerung weit auseinanderklaffen. Im Zweifel vertraut man, wie in Deutschland üblich, dem dumpfen Wähnen des Stammtischs.

Man mag an dem Ergebnis der Hamburg-Wahl herumdeuteln, insbesondere an den WählerInnenströmen. Nicht eindeutig beweisen läßt sich, daß Voscheraus „Law-and-Order“-Kampagne SPD-WählerInnen von der Fälschung zum Original, der rechtsextremen DVU, getrieben hat. Deutlich ist hingegen, daß ein solches Analyseergebnis nicht erstaunen würde, unterscheiden sich doch die Sprüche von Schröder und Voscherau nicht mehr qualitativ von den Hetzparolen der selbsternannten Hüter deutscher Sauberkeit und Ordnung.

Das Bedrückende an diesem Satyrspiel ist, daß hier wie schon bei der „Asyldebatte“ Symptome mit Ursachen verwechselt werden. Kriminalität und solche, die dazu gemacht wird, zu bekämpfen beseitigt nicht die Ursache, eine z.T. schon menschenverachtende „Sozial“-Politik, die das Recht des Stärkeren legalisiert, und damit das eigentliche Verbrechen ist. Dagegen hilft nicht mehr Polizei auf Fahrrädern, sondern nur eine tiefgreifende Veränderung des gesellschaftlichen Systems. (jm)