Kommentar:

Standort gesichert

Die Pressesprecherin des Chemie-Riesen Hoechst freut sich: In Hessen, so erzählt sie jungen Wissenschaftsjournalisten, ist es kein Problem mehr, eine gentechnische Anlage zu errichten. Anders als noch vor wenigen Jahren führe die von SPD und Grünen gestellte Landesregierung die Genehmigungsverfahren zügig und wohlwollend unbürokratisch durch. Der Standort Hessen ist also gesichert. Der Standort Deutschland (geschütztes Warenzeichen) auch bald, denn bei Grünens wird aufgeräumt.

Der Bundestagswahlkampf rückt näher, und diesmal will man ganz oben mitspielen. Damit man auch darf, muß noch schnell der letzte Balast aus Bewegungszeiten entsorgt werden; z.B. die Forderung nach „sofortigem Stop für jegliche gentechnische Forschung, Produktion und Anwendung“. Zu mächtig sind die Interessen, die hinter dem Wachstumsmarkt Bio- und Gentechnik stehen. Deutschlands Chemiekonzerne, die zu den weltweit größten gehören, sehen hier ihre Zukunft. Ihnen werden die Grünen künftig, geht es nach dem Bundeskongreß „Gen-Medizin“, ein kräftiges „Zurückdrängen“ und „grundsätzliche Ablehnung“ entgegenschmettern. Wie das in der Praxis aussehen soll? Siehe oben.

Auch an einer anderen Front zeigt man Verantwortung: Die deutschen Soldaten in Bosnien, erklärt Josef Fischer dem außenpolitischen „Ratschlag“ seiner Partei, haben einen „Anspruch auf Solidarität“ (FR 13.10.97) Die Kriegskredite können schon mal beantragt werden.

Bei soviel kreativem Aufräumen mag auch ein anderer Ex-Streetfighter nicht zurückstehen: Ein soziales Pflichtjahr für Frauen und Männer muß her!, fordern ausnahmsweise mal nicht die Hinterbänkler der CDU/CSU sondern Daniel Cohn-Bendit. Zweck: Der „Entsolidarisierung der Gesellschaft“ entgegenzutreten. Vor 65 Jahren hieß das noch „Stärkung der Volksgemeinschaft durch Arbeitsdienst“.

Und schließlich hat er auch für des deutschen Imperialismus liebstes Kind, die atomare Option, eine Idee: Die französischen Atomwaffen sollen europäisch „vergemeinschaftet“ werden, natürlich nur, um sie später abzuschaffen. Leider, so verkündet er dem staunenden Publikum, ist die Welt nicht so, wie er sie gerne hätte, und auch wenn sie gänzlich rot-grün regiert wäre, gäbe es noch militärische Konflikte. Immerhin eine klare Aussage, welche Formen der Außenpolitik ihm vorschweben.

Soweit ist es ja noch nicht? Es gibt da ja noch den Programmentwurf des Bundesvorstandes, in dem z.B Kritisches zur NATO steht? Sicher. Aber der ist bei König Josef bereits durchgefallen. Wir dürfen also getrost davon ausgehen, daß er auch auf einem Bundeskongreß wenig Chancen hat. Und wenn doch? Siehe Hessen.

Etwas Gutes haben diese Offenbarungen der grünen Propheten immerhin: Wer will, kann sehen, wohin das Schielen nach Prozenten, das Mitregierenwollen führt. Aber ob im Karl-Liebknecht-Haus jemand grüne Papiere liest? (wop)