Die Freiheit kommt in die Innenstadt

Nun ist sie endlich da, die Freiheit, auch in die Städte will sie einziehen. Es ist eine neue Freiheit und ihr Name ist Neoliberalismus. Es ist die Freiheit des Kaufens und Verkauftwerdens. In allen Städten wird sie begeistert erwartet, jede will die Schönste sein, um die reichste Stadt zu werden. Allerdings muß jede Stadt sauber sein. Das Aufräumen und Saubermachen hat schon begonnen!

In einigen Städten fanden vor kurzem die Innenstadtaktionstage statt. Thema war die Ausgrenzung von bestimmten Bevölkerungsschichten aus den Innenstadtregionen zu Gunsten der kaufsauberen Innenstadt, zu diesem Thema fielen mir dann einige Kieler Beispiele ein.

In Kiel wird diese Innenstadtpolitik in den unterschiedlichsten Bereichen deutlich. In dem Vorhaben, den Ehmsenplatz (Sophienhof) zu privatisieren und den Zugang nur einem erwünschten kaufkräftigen Publikum zu gestatten. Alle anderen können mittels Hausrecht von den privaten Wachleuten entfernt werden. Die Stadt hat sich hier regelgerecht erpressen lassen. Nachdem die Sophienhofbetreiber drohten, weitere Investitionen zu stoppen, sind die Verantwortlichen der Stadt schnell zu Zugeständnissen bereit gewesen. In diesem Fall zeigen die Politiker dieser Stadt deutlich, für wessen Interessen sie sich einsetzen. In dem rüden Vorgehen der Polizei gegen die fliegenden Händler während der Kieler Woche wird deutlich, daß die kommunalen Politiker mehr an den Händlern interessiert sind, die finanzkräftig genug sind, die hohen Preise für die Standmiete aufzubringen, die dies nicht können, werden kurzerhand vertrieben.

In der Jugendpolitik sieht es ähnlich aus. Seit einigen Jahren versucht eine Gruppe unermüdlicher Jugendlicher, ein selbstverwaltetes Jugendzentrum zu erhalten. Um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen, besetzten sie zunächst das Fördehaus auf dem alten HDW-Gelände und später ein seit längerem leerstehendes Wohnhaus in Gaarden (Karlstal 34). Trotz Verhandlungsbereitschaft der Jugendlichen wurden sie immer nur hingehalten oder mit Angeboten konfrontiert, die in keiner Weise ihren Bedürfnissen entsprachen. Und das trotz konzeptioneller Verpflichtung in der Jugendarbeit, sich an den Interessen der Jugendlichen zu orientieren. Eigene Konzepte werden spielend über Bord geworfen, wenn sie wirtschaftlichen oder politischen Interessen im Wege stehen. Unbequeme Jugendliche sind in dieser Stadt nicht gern gesehen.

Genauso wird mit alternativen Lebensformen umgegangen, sobald sie öffentlichen Raum beanspruchen, ob dies die Schwentineflotte ist, die für GEOMAR nach Friedrichsort vertrieben wurde, oder eine neue Gruppe Bauwagenbewohner, denen das anonyme und teure Mietwohnen nicht mehr paßt und die einen Platz für ihre Wagen haben wollen. Auch hier gab es vor ein paar Jahren in einer Stadtteilinitiative Ideen von einigen regionalen SPD-Politikern, bestehende Gesetze zu verändern. Aber mit dem alltäglichen Antwort, die Kassen seien leer, und dem zynischen Argument, solche Wohnformen seien menschenunwürdig, verschwanden sie in den berühmten Schubladen.

Auch der Aubrook, wo Menschen seit Jahren in Bauwagen leben, ist immer wieder der Zankapfel lokaler Politik. So hetzt die rechte CDU in regelmäßiger Beharrlichkeit gegen die Menschen, die dort leben. Ein Leben, das diesen Karrierebessenen scheinbar regelgerecht den Angstschweiß ins Gesicht treibt. Ist dies nicht das, wo vor sie sich am meisten fürchten, ausgeschlossen zu sein aus der Welt des Geldes und des Profits?

Ich finde dies eher verlockend, in einer Welt zu leben, wo der Mensch zählt und nicht seine Nützlichkeit oder Verwertbarkeit. Hier finde ich auch das oben zitierte fehlende Geld wieder. Diese Stadt kann/will weiter ihr Geld verschleudern, um diesen Wahn des Neoliberalismus zu frönen und eine kaufgesunde Innenstadt zu schaffen. Ich kann mir viele Dinge vorstellen, wofür man dieses Geld ausgeben könnte. Es ist nur eine Frage eines einfachen Prinzips – für den Profit oder für die Menschen. (Trolle)