Kommentar:

Unheilige Allianzen

Am 22. platzte die Bombe: US-Präsident Bill Clinton machte seine Vorschläge für einen neuen Klimaschutzvertrag. In schöne Worte verpackt macht er den Regierungen der Welt ein Angebot, daß hinter den Stand des Umweltgipfels von Rio zurückfällt. Dort waren die Industrieländer bereits darauf verpflichtet worden, ihre CO2-Emissionen bis zum Jahre 2000 auf den Stand von 1990 zurückzufahren. Nun möchte Washington diesen Zeitpunkt auf 2008 bis 2012 verschoben haben.

Damit wären die Amis mal wieder der Rolle des Schwarzen Peters gerecht geworden, die sie in den Klimaverhandlungen schon seit langem mit viel Kreativität und erheblichem Verschleppungsgeschick ausfüllen.

Die Rollen sind also verteilt, und in Europa kann man sich beruhigt zurücklegen. Nun wird nicht mehr so genau nachgefragt werden, wie es denn dort mit der Erfüllung der Verpflichtungen aussieht.

Dabei pfeifen es seit mindestens einem Jahr die Spatzen von den Dächern, daß auch in Westeuropa vielerorts der Treibhausgas-Ausstoß weiter steigt. Selbst Deutschland, dessen Kanzler sich so gerne auf dem internationalen Parkett als Ökomusterknabe profiliert, wird das 2000er Ziel nur aufgrund der Deindustrialisierung des Anschlußgebietes erreichen. Westlich der Elbe hingegen sind die Emissionen in letzter Zeit gestiegen, und ein umfassender Reduktionsplan ist immer noch nicht in Sicht.

Schlechte Aussichten also für die weiteren Verhandlungen. Zu stark scheinen die Interessen der Öl-, Kohle-, Auto- und Chemieindustrie zu sein, als daß man noch auf einen Durchbruch hoffen kann. Dabei wäre auch das, was als eventuell erreichbare Alternative auf dem Tisch liegt, der EU-Vorschlag, bis 2010 fünfzehnprozentige Emissionsminderung in den Industriestaaten, nur ein bescheidener Anfang. Um 80% müßten in den nächsten Jahrzehnten in den reichen Ländern die Emissionen zurückgehen, rechnen die Wissenschaftler vor. Dann würden die Treibhausgase auf einem Niveau stabilisiert, das ca. 20% über dem jetzigen liegt. Selbst das hätte noch seine Risiken.

Was bleibt? Die NATO gibt schon einmal eine Studie zu den „sicherheitspolitischen Aspekten“ des Treibhausproblems in Auftrag. Dort hält man offensichtlich wenig vom gorbatschovianischen Menschheitsprobleme-Geschwafel. Weite Teile der radikalen Linken bleiben unterdessen standhaft in ihrem Glauben, daß ganze sei eine Erfindung der Reformisten. – Welch unheilige Allianz der Verdränger. (wop)