Am Samstag, dem 1. November anno 1997, dem zweiten Tag der Bundesfachtagung der Sozialhilfeinitiativen, werden um 13.45 Uhr an die Tür des Rathauses zu Kiel 95 sozial-relevante Thesen angeschlagen und vor Ort durch die Versammlung verkündet.

Historischer Anlaß ist der Jahrestag des Anschlags der Thesen zu Wittenberg durch Luther. Nicht, daß nun die Sozialhilfeinitiativen ihre kirchliche Ader entdeckt hätten, doch eine gewisse politische Relevanz der Thesen ist nicht zu leugnen. Und auch die politische Situation zu Zeiten Luthers läßt sich durchaus auf die heutige übertragen: Die Kirche (= Bundesregierung) unterstellte den Untertanen schwerste Sünden (= Arbeitslosigkeit), die jedoch durch Kauf eines Ablasses (= Akzeptanz des Sozialabbaus) erlassen werden konnten, wodurch das Himmelreich (= Vollbeschäftigung) zu erlangen sei.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Sozialhilfeinitiativen (BAG-SHI) veranstaltet vom 31.10. bis zum 2.11. in der Jugendherberge Kiel ihr halbjährliches Bundestreffen, dieses Mal in Form einer Bundesfachtagung. Erwartet werden 80-100 Initiativen-VertreterInnen. Themenschwerpunkte der Arbeitskreise sind „Kommerzialisierung und Deregulierung von Sozialleistungen führt zur Aushöhlung der Regelsätze und einmaligen Beihilfen“ sowie „Kombieinkommen – ein Vorschlag der Arbeitgeber zur Subventionierung von Hungerlöhnen und das Modell Existenzgeld als eine Möglichkeit der Existenzsicherung auch von NiedriglöhnerInnen“.

Für die Aktion am Samstag steht ab 10 Uhr ein Infostand der Arbeitsloseninitiative Kiel in der Holstenstraße. Um 13.30 Uhr kommen die VertreterInnen der Bundes-Inis dazu, zum Marsch/Spaziergang aufs Rathaus. (Arbeitslosen-Ini Kiel)